Geheimoperation Zürich! Das Interview über den Schweizer Dreh von «Black Bag»

Im Spionagefilm läuft Cate Blanchett durch die Zürcher Innenstadt. Wir sprachen mit Dino Malacarne, Geschäftsführer der Film Commission Zurich, wie es dazu kam und wie der Dreh geheim gehalten wurde.

Cate Blanchett vor dem Grossmünster in «Black Bag» © Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved.

Was ist für dich das nervigste Beispiel von einem Hollywood-Film, der eine Zürich-Szene hat, die aber nicht in Zürich gedreht wurde?

Das Paradebeispiel ist The Bourne Identity. Da sollen wir in Zürich sein, aber es fahren grüne Trams durchs Bild. Wie ich gehört habe, war das damals einer der Auslöser, um ein Filmbüro ins Leben zu rufen, das sich um internationale Anfragen bezüglich Filmdrehs kümmert.

Und wie ist aus dem Filmbüro die «Film Commission Zurich» geworden?

Ursprünglich war das Filmbüro eine 20%-Stelle bei Zürich Tourismus. Die Anfragen wurden mehr, also wurde die Stelle ausgebaut. Heute arbeiten wir im Auftrag der Stadtentwicklung Zürich, dem Amt für Wirtschaft Kanton Zürich, Zürich Tourismus und der Zürcher Filmstiftung. Der Name wurde geändert, damit man uns international besser findet - Film Commissions gibt es weltweit, das schafft Klarheit.

Wurde nicht in Zürich gedreht: Matt Damon in «The Bourne Identity»
Wurde nicht in Zürich gedreht: Matt Damon in «The Bourne Identity» © Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved.

Wie funktioniert eine erste Kontaktaufnahme bei euch?

Normalerweise ist es so, dass internationale Produktionen zu uns kommen und uns fragen, ob wir sie mit Dienstleistern in Zürich verknüpfen können. Hier basiert viel auf Vertrauensbasis, da merkt man jeweils sehr, dass Produktionen in anderen Ländern manchmal zweifelhafte Erfahrungen gemacht haben. Aber da sind wir ja im Falle von Zürich auf der sicheren Seite. Hier wird seriös gearbeitet.

Und wie war es im Falle von Black Bag?

Da war es etwas anders. Die Agentur aus London, welche sich für die Dreharbeiten für Black Bag in Europa verantwortlich zeichnet, meldete sich bei Zürcher Serviceproduktionsfirmen. Erst später wurde klar, dass Steven Soderbergh dahintersteckt. Niemand durfte anfangs darüber sprechen.

War Soderbergh explizit an Zürich interessiert?

Ja, das war sein ausdrücklicher Wunsch. Er war schon einmal hier für The Informant! und wollte zurückkehren.

Wie ist es dann weitergegangen?

Sie fragten uns nach Empfehlungen für lokale Firmen und entschieden sich dann für Hugofilm. Wir vermitteln in unserer Rolle nur und mischen uns nicht in Vertragsverhandlungen ein. Wichtig für uns sind der «Zürich-Effekt», also die konkreten Ausgaben vor Ort. Da wir wirtschaftlich ausgerichtet sind, bemisst sich danach unsere finanzielle Unterstützung.

Bekommen Zürich nur auf dem Bildschirm zu sehen: Michael Fassbender und Marisa Abela in «Black Bag»
Bekommen Zürich nur auf dem Bildschirm zu sehen: Michael Fassbender und Marisa Abela in «Black Bag» © Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved.

Andere Regionen und Länder locken Filmproduktionen mit grossen Geldbeträgen oder Steuererleichterungen zu sich. Wie ist das bei euch?

Wir haben ein Anreizsystem, bei dem wir maximal 30'000 Franken pro Projekt sprechen können. Unser Jahresbudget liegt bei 350'000 Franken. Das können wir im Moment auch nur machen, weil das Budget ein bisschen erhöht wurde, und weil es Ersparnisse aus der Vergangenheit gibt. Es ist eigentlich immer noch ein Pilotprojekt. Wir sind aber auch an einem Sponsoring-Projekt, um an mehr Geld zu kommen. Wir versuchen in der Privatwirtschaft Gelder zu aktivieren. Man darf nicht vergessen, dass Produktionen bei einem Zürich-Dreh viel Geld für Leistungen ausgeben. Eine Filmcrew mit 50, 60 Leuten muss irgendwo übernachten und essen.

Wie gross war das Team bei Black Bag in Zürich?

Rund 40 aus den USA und Grossbritannien und 60 Schweizer Crew-Mitglieder waren für die beiden Drehtage hier - darunter auch Cate Blanchett und Steven Soderbergh.

Wie hat man das Ganze geheim halten können? Da arbeiteten ja 100 Leute an diesem Set - und es wurde an belebten Orten wie der Münsterbrücke und dem Münsterplatz gedreht.

Alle mussten Verschwiegenheitserklärungen unterschreiben. Ich habe aber keine Ahnung, wie sie es geschafft haben, dass das kein News-Scout mitbekommen hat. Auch von den Leuten, die im Münsterhof wohnen oder ihre Büros haben, ist nichts durchgesickert.

Hast du vorgängig Ausschnitte aus dem Drehbuch zu lesen bekommen?

Wir wussten nur, dass es um einen Spionage-Thriller mit A-Stars handelt. Für uns von der Film Commission Zurich geht es bei solchen Projekten hauptsächlich um den wirtschaftlichen und touristischen Aspekt.

Michael Fassbender und Steven Soderbergh bei den Dreharbeiten zu «Black Bag»
Michael Fassbender und Steven Soderbergh bei den Dreharbeiten zu «Black Bag» © Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved.

War von Anfang an klar, wo gedreht werden sollte?

Die Drehorte waren sehr schnell klar, weil es eher kurzfristig war. Und dann wollten sie auch noch an den schlimmsten Daten überhaupt in Zürich drehen - in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai und dann noch am Morgen. Es musste so sein, weil die Crew danach weitermusste. Wir sassen damals im Büro und dachten zuerst: «Wie soll das überhaupt gehen mit den 1. Mai-Kundgebungen am Bellevue-Platz und beim Münsterhof.» Wir haben die Produktionsfirma bei den Bewilligungen unterstützt. Es wurde alles bewilligt.

Wie hat es die Filmcrew hingekriegt, dass man nichts vom 1. Mai mitbekommt?

Die Filmcrew musste zwischen 7 und 11 Uhr arbeiten und dann wieder komplett weg sein. Sie konnten in dieser Zeit alles drehen und es wurde sichergestellt, dass dann keine Autos durchfahren. Der Kreis-Chef des Kreis 1 hat das möglich gemacht.

Gab es gar keinen Ärger?

Es gibt noch eine andere Location im Film, die man im Trailer nicht sieht, und ich deshalb nicht verraten möchte. Die war deutlich heikler. Die Verantwortlichen haben wegen Sicherheitsbedenken zuerst Nein gesagt. Nach etwas Netzwerkarbeit klappte es dann doch. Das ist auch unsere Aufgabe - die richtigen Leute zusammenbringen.

Matera während den Dreharbeiten zu «James Bond - No Time to Die»
Matera während den Dreharbeiten zu «James Bond - No Time to Die» © Universal Pictures International Switzerland. All Rights Reserved.

Welches Wunschprojekt hättest du gerne mal in Zürich?

Eine internationale Serie mit im Westen bekannten Stars wäre supercool. Etwas, dass sich Zeit nimmt, um aus Zürich zu erzählen. Oder natürlich der nächste Iron Man. (lacht)

Ich habe jetzt fest damit gerechnet, dass du «James Bond» sagst.

Ja, natürlich. Das ist auch einer der grössten Wünsche von Zürich Tourismus und von allen anderen. Man sieht ja, was James Bond - No Time to Die im italienischen Matera an Tourismus beschert hat. Bond wäre schon ein Traum. Aber wir haben mit dem Spionage-Thriller Black Bag ja jetzt sowas wie einen Testlauf machen können. (lacht)

Black Bag startet am 15. Mai 2025 in den Deutschschweizer Kinos.

Trailer

Englisch mit deutschen Untertitel, 2:25 © Universal Pictures

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

  1. Artikel
  2. Profil
  3. E-Mail
  4. Bluesky
  5. Instagram
  6. Letterboxd
Teilen
Auf Discord besprechen Auf Facebook teilen  Auf Twitter teilen 
Datum
Quelle
OutNow
Themen