«Home Is the Ocean»: Das Interview mit Regisseurin Livia Vonaesch und der Familie Schwörer

Der Dokumentarfilm porträtiert eine Schweizer Familie, die auf einem Segelboot lebt. Wir trafen die Filmemacherin, das Ehepaar Dario und Sabine Schwörer sowie ihre Kinder zum Gespräch.

Auch auf hoher See muss die Ufgzi gemacht werden © Praesens Film

Livia, du konntest die Familie Schwörer auf engstem Raum begleiten. Was gab es da für Regeln?

Livia Vonaesch: Wir haben abgemacht, dass ich auf dem Schiff auch segeln werde und Wachen übernehme. Und dann war auch klar, dass ich keine Nacktheit der Kinder filmen werde. Und dass die Familie den Film sehen wird, bevor wir ihn der Öffentlichkeit zeigen.

Sabine Schwörer: Es war uns aber auch sehr wichtig, dass wir immer miteinander redeten. Wenn wir zum Beispiel realisierten, dass eine Abmachung nicht funktioniert, konnten wir dies ansprechen. Auf so einem engen Raum ist es immens wichtig, dass es möglichst für alle stimmt.

© Praesens Film

Was war der beste Tipp, den du von der Familie während den Segeltörns bekommen hast?

Livia Vonaesch: Sicherlich, draussen zu erbrechen und nicht im Schiff. (Lacht.) Die Reinigung wäre aufwendig.

Sabine Schwörer: Und nicht gegen den Wind! (lacht)

Livia Vonaesch: Wichtig war auch, sich immer am Boot einzuklinken, um nicht über Bord zu gehen.

Dario Schwörer: Wenn man bei Wellengang vom Schiff fällt, sieht man dich sehr schnell nicht mehr im Wellental. Man hat auf dem Schiff zwar nur einen Meter bis ins Wasser, aber die Konsequenz ist die gleiche wie bei einem Berg, bei dem etwas 1'000 Meter runterfallen kann. Das unterschätzt man schnell.

© Praesens Film

In einer Szene klettert Sohnemann Andri auf hoher See den Mast hoch und hält dies mit einer Go-Pro fest. Bei der Szene wurde mir ganz mulmig. Wie war es, diese gefährliche Szene zu filmen?

Andri Schwörer: Normalerweise geht man eher im geschützten Hafen den Mast hoch. Auf hoher See rauf- und runterzuklettern ist jedoch nicht ohne Gefahr, da es einen recht hin- und herpendeln kann. Man muss sich einfach gut festhalten. Aber viel kann ja nicht passieren, da mein Vater mich mit der Winschkurbel hochgezogen hat. Das war schon eine coole Erfahrung.

Dario und Sabine, jetzt werden vielleicht Leute diesen Film sehen und sich denken: «Cool, das will ich auch machen.» Was würdet ihr solchen Leuten raten?

Dario Schwörer: Ich bekomme jetzt schon wöchentlich Anfragen; nach der Veröffentlichung von Home is the Ocean werden es wohl noch mehr. (Lacht.) Doch es ist schön, andere zu inspirieren. Das Ziel unserer ToptoTop-Mission ist ja, Menschen wieder näher an die Natur zu bringen. Das ist unser Lebensprojekt.

Sabine Schwörer: Ich finde es schön, wenn die Leute dazu ermuntert werden, etwas gemeinsam zu unternehmen. Es muss ja nicht auf einem Segelschiff sein, sondern es geht darum, Zeit mit den Kindern zu verbringen. Irgendwann sind sie gross und gehen ihre eigenen Wege.

Dario Schwörer: Viele denken sich, dass man so einen Segeltrip gar nicht mit Kindern machen kann. Viele glauben, Kinder seien ein Hindernis. Doch man ist mit Kindern gar nicht eingeschränkt. Man kann sehr viel mit ihnen machen - und diese gemeinsamen Momente sind unbezahlbar.

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Das klingt alles sehr ermunternd. Ich hätte jetzt eher mit einer Warnung gerechnet wie «Hey, überlegt euch das erstmals sehr gut!»

Dario Schwörer: Viele warten ewig, weil sie denken, dass sie noch dieses Buch lesen oder jenen Kurs machen müssen. Und am Ende gehen sie gar nicht. Ich sage nicht, dass man verantwortungslos sein soll. Ich möchte jedoch sagen, dass man immer sicher ist, wenn man der Natur Respekt entgegenbringt. Man soll nicht gleich den Atlantik überqueren, sondern vielleicht mal einen Tagestörn machen. Das Wichtigste ist, dass man lernt, zu improvisieren.

Auch der Film wirkt ermunternd. Gab es auf dem Boden des Schnittraums Szenen, die eine andere Seite zeigen?

Livia Vonaesch: Es war nicht wirklich das Ziel, einen ermunternden Film zu drehen. Ich versuchte das rüberzubringen, wie ich es erlebt habe. Ich werde auch oft gefragt, ob die Familienmitglieder nie streiten oder ob ich da nicht filmen durfte. Aber auf dem Schiff kam es nie wirklich zu Konflikten. Klar kann es Streit geben, aber nicht wirklich mehr als bei anderen Familien. Gleichzeitig glaube ich auch nicht, dass der Film dieses Leben zu sehr romantisiert. Es ist einfach ein anderes Leben, mit anderen Herausforderungen.

Home Is the Ocean startet am 13. März 2025 in den Deutschschweizer Kinos.

© Praesens Film

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

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