«September 5»: Regisseur Tim Fehlbaum und Peter Sarsgaard im Interview über ihren intensiven Film und zu viel Kaffee

Der Basler Regisseur Tim Fehlbaum erzählt in seinem Film vom TV-Team, das live über die Geiselnahme an den Olympischen Spielen 1972 berichtete. Wir sprachen mit Fehlbaum und seinem Star am ZFF.

Peter Sarsgaard in «September 5» © Praesens Film

In September 5 nimmt fast minütlich die Intensität und Dramatik zu. Habt ihr den Film chronologisch gedreht, um das hinzubekommen?

Tim Fehlbaum: So würde man es am liebsten machen, aber es ist oft nicht möglich. Peter, wie stehst du als Schauspieler dazu?

Peter Sarsgaard: Ich habe Filme in allen möglichen Reihenfolgen gedreht, und es macht für mich nicht wirklich einen Unterschied. Vielleicht ist es für einen Regisseur anders. Denn als Schauspieler muss ich mir nicht den Kopf über Kontinuität zerbrechen. Mein Job ist es, mit dem zu arbeiten, was gerade vor mir liegt.

Tim Fehlmann: Als Regisseur wäre es natürlich schon super, aber es scheitert oft an der Logistik sowie an der Verfügbarkeit der Schauspielerinnen und Schauspieler. Aber ich gebe dir recht, dass es sich bei diesem Film angeboten hätte, ihn chronologisch zu drehen, da er mehrheitlich an einem Ort spielt. Aber wir haben es nicht gemacht.

© Praesens Film

Wie viele Drehtage hattet ihr denn bei diesem Projekt?

Tim Fehlbaum: 31 Tage.

Wow, das ist nicht gerade viel.

Tim Fehlbaum: Das stimmt.

Da es in September 5 sehr hektisch zugeht, entstand in den wenigen Drehtagen auch eine Hektik am Set, die für den Film förderlich war? Oder habt ihr das dank intensiver Vorbereitungen etwas abgefedert?

Tim Fehlbaum: Man macht schon viel in den Vorbereitungen, aber dank tollen Schauspielern wie Peter fällt man auch gute Entscheidungen am Drehtag selbst.

Peter Sarsgaard: Ich arbeitete in Los Angeles zwei Monate lang an einer Serie und kam dann nach München, um meine Szenen für September 5 zu drehen. Danach ging es gleich wieder zurück in die Staaten zu Presumed Innocent. Als Schauspieler geht es vor allem darum, aufgewärmt zu sein. Und weil ich diesen vollen Terminkalender hatte, war ich für September 5 vom ersten Tag an für alles ready.

© Praesens Film

Was waren die Vorbilder in Bezug auf die Intensität des Filmes? Ich musste unter anderem an Uncut Gems denken.

Peter Sarsgaard: Huh, das ist ein interessanter Vergleich.

Tim Fehlbaum: Wenn ich einen nennen müsste, dann wäre es wohl die Dokumentation One Day in September von Kevin MacDonald, die das gleiche Thema behandelt. Der Film war für mich ein Game-Changer. Bevor ich als Teenager den Film zum ersten Mal gesehen habe, waren Dokumentarfilme für mich etwas Langweiliges, das man in der Schule schauen musste. Und dann kam dieser spannende Film. Es ist natürlich etwas heikel, etwas als spannend zu bezeichnen, das eine echte Tragödie zeigt.

Wie seid ihr bei diesem Balanceakt vorgegangen?

Tim Fehlbaum: Wir sprachen in der Vorbereitung mit dem echten Geoffrey Mason, der im Film von John Magaro gespielt wird. Ich wollte von ihm wissen, ob er sich damals der möglichen Konsequenzen bewusst gewesen ist. Er verneinte, denn sie waren zu sehr damit beschäftigt, einzufangen, was gerade passierte. Das war für mich und meine Koautoren Moritz Binder und Alex David entscheidend, weshalb wir den Film dann auch so umsetzen wollten, wie das TV-Team das Attentat erlebt hat. Die Reflexion kommt im Leben oftmals später.

© Praesens Film

Peter, in deiner allerersten Szene verlangst du nach Kaffee und Aspirin. Wie viel Kaffee und Aspirin wurde am Set von September 5 konsumiert?

(beide lachen.)

Peter Sarsgaard: Nicht viele Aspirin, aber einiges an Kaffee. Wir hatten aber auch Engländer am Set, deshalb war auch viel Tee dabei.

Tim Fehlbaum: Ich habe dermassen viel Kaffee getrunken, dass mein erster Regieassistent irgendwann angefangen hat, mir heimlich koffeinfreien Kaffee auszuschenken.

Peter Sarsgaard: Du brauchst den Kaffee auch gar nicht. Für die Intensität eines Filmes kommt es sehr auf den Regisseur und seine Energie an, die er auf das Set mitbringt. Es gibt welche, die ganz leise «und, Action» sagen. Und dann hast du Regisseure, wie Tim, die - etwas übertrieben ausgedrückt - rufen: «Das Gebäude brennt, los, los, LOS!»

(beide lachen.)

September 5 startet am 9. Januar 2025 in den Deutschschweizer Kinos.

© Praesens Film

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

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