«Ich hoffe, dass ich wegen dieses Films bei einer KI-Apokalypse verschont bleibe.» Das «The Creator»-Interview mit Regisseur Gareth Edwards
In Edwards' Film geht es um einen Krieg gegen künstliche Intelligenz. Wir sprachen mit ihm über das «tiefe» Budget, seine Gedanken zur Zukunft und darüber, woran sein Film eine Liebeserklärung ist.

Wie ist es für dich, dass wir jetzt, wo der Film in die Kinos kommt, so viel über die Gefahren und Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz in unserem Leben sprechen?
So war es nicht geplant. Als ich das Drehbuch vor ein paar Jahren schrieb, war KI ein weit entfernter Traum - wie ein Leben auf dem Mond. Ich dachte, der Film würde aktuell wirken, weil er von einem Konflikt erzählt. Und leider gibt es immer irgendwo auf der Welt kriegführende Länder. In dem Film gibt es eine Szene, in der riesige Panzer in ein kleines Dorf einfahren. Dafür brauchten wir westlich aussehende Soldaten, und wir fanden eine Expat-Community von Russen und Ukrainern an unserem Drehort in Thailand.
War das noch vor dem Krieg?
Wir haben die Szene genau an dem Tag gedreht, an dem Russland seine Invasion in der Ukraine startete. Das war sehr seltsam. Im Film sieht man nun Russen und Ukrainer in der Szene Seite an Seite kämpfen. Aber das Spannende war, dass die Russen und Ukrainer in den Pausen ganz normal miteinander sprachen und lachten. Das war ein vielsagender Moment, denn wenn man jemanden wirklich kennt und er dann zum Feind wird, ist es sehr schwer, ihn zu hassen. Und genau darum geht es in dem Film.

In den meisten Filmen wird die künstliche Intelligenz als Bedrohung dargestellt wie kürzlich in Mission: Impossible - Dead Reckoning Part One. In The Creator sind die Menschen hauptsächlich die Aggressoren, während die Roboter sympathisch sind.
Ich hoffe, dass ich wegen dieses Films bei einer KI-Apokalypse verschont bleibe, denn in The Creator zeige ich viel Mitgefühl für künstliche Intelligenz. Fingers crossed. (lacht.)
Glaubst du an eine Zukunft, in der wir mit KI in Frieden leben können?
Daran glaube ich ganz fest. Es gibt immer diese Angst und Panik vor einer neuen technischen Errungenschaft. Ich erinnere mich noch, als Photoshop auf den Markt kam und alle dachten, es wäre das Ende der Malerei und des Grafikdesigns. Aber wenn man sich die Situation heute ansieht, gibt es dank Photoshop viel mehr kreative Arbeitsplätze als früher. Ich hoffe, dass wir in fünf bis zehn Jahren auf die künstliche Intelligenz schauen und froh sein werden, dass es sie gibt.

Du hast The Creator mit 80 Millionen Dollar relativ günstig umgesetzt - Blockbuster dieser Grösse kosten heutzutage das Doppelte oder Dreifache. Wie hast du das geschafft?
Ich denke also immer noch, dass 80 Millionen Dollar eine Menge Geld sind. (lacht.) Ich wollte bei diesem Projekt von niemandem hören, dass wir etwas nicht machen können, weil wir nicht genug Geld haben. Man findet immer eine Lösung. Meinen ersten Film, Monsters, habe ich ganz im Guerilla-Stil mit einer kleinen Crew gedreht. Das wollte ich auch hier machen - nur eben auf Steroiden mit grossen Blockbuster-Sets. Als wir in Nepal drehen wollten, hiess es erst, das gehe nicht, das sei zu teuer. Aber dann habe ich ausgerechnet, dass ich einfach zehn Flugtickets dorthin bräuchte und das 20'000 Dollar kosten würde. Dann war es doch plötzlich möglich.

Der erste Trailer für The Creator wurde gerade einmal vier Monate vor dem Kinostart veröffentlicht - davor wusste kaum jemand etwas über das Projekt. Wie war es, so lange unter dem Radar zu arbeiten - vor allem im Vergleich zu Godzilla und Rogue One, über die man schon ein Jahr vorher Bescheid wusste?
Das hat Vor- und Nachteile. Ein Vorteil ist, dass wir nicht diese Fangemeinde haben, die jedes kleine Detail analysiert und kritisiert. Ein Nachteil ist, dass wir nicht diese Fangemeinde haben, die am Eröffnungswochenende definitiv im Kino sitzen wird. Es ist heutzutage sehr schwierig, die Menschen für etwas Neues und Unbekanntes zu begeistern. Ich hoffe aufrichtig, dass der Film ein Erfolg werden wird. Nicht in erster Linie aus finanziellem Interesse, sondern in der Hoffnung, dass es in Zukunft mehr Filme wie diesen geben wird. Als ich ein Kind war, gab es jede Woche einen neuen Science-Fiction-Film, der auf nichts basierte. The Creator ist eine Liebeserklärung an diese originellen Filme meiner Kindheit.
The Creator startet am 28. September 2023 in den Deutschschweizer Kinos.