Unbedingt vormerken: Dies sind die Geheimtipps am Zurich Film Festival 2021
Klar, viele Augen werden während dem 17. ZFF auf «James Bond», «Spencer» und «The French Dispatch» gerichtet sein. Doch gibt es fernab der Gala Premieren viele weitere tolle Filme zu entdecken.

Stolze 164 Filme werden am diesjährigen Zurich Film Festival zu sehen sein. Da kann man leicht den Überblick verlieren. Natürlich werden die grossen Galapremieren den meisten Lärm machen und am meisten Tickets verkaufen. Doch schaut man sich das Programmheft etwas genauer an, sind da viele kleinere Produktionen darunter, die es ebenfalls verdient haben, angesehen zu werden.
Wir konnten an anderen Festivals schon einige dieser kleineren Produktionen sehen und nennen euch nun sieben Werke, die ihr nicht verpassen dürft.
Flee
Der animierte Dokumentarfilm erzählt die Geschichte von Amin, für den sich in seinen Teenager-Jahren die Lage in Afghanistan zuspitzt. Überstürzt flüchtet die Familie nach Moskau. Doch das eigentliche Ziel ihrer Träume ist Schweden. Allerdings gestaltet sich die Umsetzung des Plans schwierig, denn die Schlepper verlangen sehr viel Geld. Flee ist definitiv keine leichte Kost, überzeugt aber durch eine grosse Portion Sensibilität in der Herangehensweise an das Thema. Entstanden ist ein intimes Porträt eines Mannes, dessen Leben viele Höhen, aber auch unvorstellbare Tiefen aufweist.

Grosse Freiheit
Im repressiven Nachkriegsdeutschland wird Hans wegen seiner Homosexualität immer wieder eingesperrt. Im Gefängnis trifft er auf Viktor, einen verurteilten Mörder. Aus gegenseitiger Abscheu entsteht ausgerechnet mit ihm über die Jahre so etwas wie eine Liebe. Regisseur und Autor Sebastian Meise ist mit Die grosse Freiheit ein berührendes Drama gelungen, das nicht nur den deutschen Paragraphen 175 anklagt. Es zeigt auch auf sehr feinfühlige Weise, wie sich Gefühle und Liebe nicht einfach so einsperren lassen. Getragen von dem grossartigen Hauptdarsteller Franz Rogowski, zieht der Film das Publikum richtig hinein und entlässt es am Ende mit einem perfekten Schlusspunkt

The Innocents
Vier Kindergartenkinder merken eines Tages, dass sie übernatürliche Kräfte besitzen. Doch nicht alle von ihnen setzen ihre Kräfte für das Gute ein. Mit The Innocents ist dem norwegischen Regisseur und Autor Eskil Vogt ein kleiner, aber gemeiner Schocker gelungen, der trotz Kinderdarstellerinnen und -darstellern einige sehr heftige Szenen aufweist und damit viele auf dem falschen Fuss erwischen wird. Besonders das hässliche Geräusch von brechenden Knochen fährt ordentlich in die... Knochen, wobei sich das auch Stunden und Tage nach dem Film nicht so leicht abschütteln lässt.

Lamb
In der weiten Einöde Islands leben Maria und Ingvar, die einen Stall voller Schafe haben. Bei der Geburt der Lämmer müssen sie feststellen, dass sich ein Lamm von den restlichen abhebt und ihr Leben gehörig auf den Kopf stellen wird. Umso weniger man über das mystische Folk-Drama mit Noomi Rapace weiss, desto besser. Bereits die Eingangssequenz mit den Schafen im Stall, die allesamt gebannt in die Richtung der Kamera blicken, untermalt von düsteren, unheimlichen Klängen, lässt darauf schliessen, dass Lamb etwas Spezielles bereithält. Die Grundstimmung ist demnach auch sehr lange angespannt. Die musikalische Untermalung suggeriert die ständige Präsenz von Mystik und einer Gefahr, die jederzeit über die Charaktere hereinbrechen könnte.

Mass
Sechs Jahre nach einer Tragödie trifft sich das Ehepaar Jay und Gail mit Linda und Richard in einem kleinen Raum innerhalb einer Kirche zu einer Aussprache. Beide Paare haben bei einem Amoklauf an einer Schule ein Kind verloren, wobei es Lindas und Richards Sohn war, der um sich geschossen hat. Das Regiedebüt von Fran Kranz - er spielte den Kiffer in Drew Goddards Horrorspass Cabin in the Woods - ist ein beklemmendes und unangenehmes Drama um Schuld, Ohnmacht und Vergebung nach einem Amoklauf. Kranz inszeniert dies mit der nötigen Sorgfalt und Ruhe und kann sich bei seinem starken Kammerspiel auf vier grandiose Darsteller verlassen.

Pleasure
Um sich im Geschäft zu etablieren, lässt sich Bella Cherry, eine junge, zielstrebige Schwedin, auf Hardcore-Pornodrehs ein. Doch die erlebte Rohheit kann sie nicht so gut einstecken, wie sie dachte und lässt sie ihre Berufswahl reflektieren. Die schwedische Regisseurin Ninja Thyberg scheut sich nicht, unbequeme Fragen zu stellen und noch unbequemere Bilder zu zeigen. Es geht um Machtmissbrauch, ein selbstzerstörerisches Verhalten und im Wesentlichen um Institutionalisierung von Gewalt. Geschickt konstruiert Thyberg das Porträt einer naiven jungen Frau, aber auch das einer ganzen Branche mit ihren dunklen Seiten.

The Sparks Brothers
In seinem ersten Dokumentarfilm zeichnet Regisseur Edgar Wright (Baby Driver) die Geschichte der Band Sparks nach. Die von den beiden Brüdern Ron und Russell Mael gegründete Musikgruppe feierte einige Erfolge, schaffte es jedoch nie, zu den ganz grossen Bands aufzusteigen. Ein mit viel Liebe und einer guten Portion Humor gemachtes, virtuos geschnittenes Porträt mit vielen kreativen Einfällen, das der nicht minder kreativen Musikgruppe mehr als nur gerecht wird. Aber Vorsicht: Ihr hört euch nachher für Monate nur noch die Musik der Mael-Brüder an.

Das 17. Zurich Film Festival findet vom 23. September bis zum 3. Oktober statt. Der Ticketvorverkauf auf der offiziellen Webseite des Festivals beginnt am Montag, dem 13. September, 12 Uhr.