Alles kommt gut: Ein paar aufmunternde Worte zum Jahreswechsel
Ja, 2020 war in vielerlei Hinsicht einfach nur scheisse - natürlich auch im Kinobereich. Doch schaut Redaktionsleiter Christoph aus verschiedenen Gründen optimistisch in die Zukunft.

Machen wir uns nichts vor: auch 2021 werden wir die Pandemie noch zu spüren bekommen. Es wird Monate dauern, bis genug Menschen geimpft sind und wir von einer Rückkehr zu einem etwas normaleren Leben sprechen können. Im Kinobereich wird sich dies unweigerlich während der ersten Monate mit weiteren Filmstartverschiebungen bemerkbar machen.
Doch deshalb sollte man nicht verzweifeln. Immerhin haben wir nun schon mehr als neun Monate Corona hinter uns und es wurde nun mit dem Impfen begonnen. Wir haben also (hoffentlich) schon mehr als die Hälfte dieses mühsamen Marathons hinter uns. Es gilt jetzt nochmals ein paar Monate auf die Zähne zu beissen. Wenn es ausgestanden ist, haben wir so viel, worauf wir uns freuen können.

Aber werden die Kinos überleben?
Werden viele Kinos bis zu dieser «Rückkehr zu einem etwas normaleren Leben» überhaupt noch existieren? Wenn man sich die Situation in den USA anschaut, wo die weltgrösste Kinokette AMC kurz vor dem Konkurs steht, könnte man sich schon zu solchen schrecklichen Gedanken hinreissen lassen. Doch wir sind hier in der Schweiz. Auch wenn es viele Bemühungen von Seiten Branchenvertretern braucht, damit mit Unterstützungszahlungen und Mieterlässen vielerorts endlich zufriedenstellend ausgeholfen wird, muss man sich wohl eher keine Sorgen über den Fortbestand der Kinos hierzulande machen.
Denn es gibt in diesem Land kaum eine Person, die noch nie im Kino war und so nie in den Genuss von dessen Vorzügen gekommen ist. Kinos sind ein Gemeinschatserlebnis, Rückzugsorte, Alltagssorgensverdränger, Traumfabrik, Gedankenanreizer und Glücklichmacher, die unbedingt erhalten bleiben müssen und auch werden.

Weshalb es sich zu kämpfen lohnt
Gründe, dass sich dieser Kampf lohnt, lassen sich zum einen in der Vergangenheit, zum anderen aber auch in der Gegenwart finden. Persönlich erinnere mich gerne an den 1994er-Kinobesuch von The Lion King zurück, den ich damals mit sechs Jahren gesehen habe und mich emotional völlig überwältigte. Das Erlebnis schien übergross, und auch Tausende von Filmen später tauche ich immer noch gerne im Kino ab - auf der Suche nach diesem überwältigten Gefühl.
Im letzten «normalen» Kinojahr (2019) durfte ich es gleich drei Mal (Parasite, Once Upon a Time in Hollywood, Avengers: Endgame) erleben. Doch Nostalgie rettet nur begrenzt das Kino - auch wenn dies die Studios mit ihren vielen Remakes, Reboots und Fortsetzungen da anderer Meinung sind. Viel mehr bringen aktuelle Beispiele, von denen ich nun zwei von unterschiedlicher Grösse präsentiere.
Zum einen wäre da das grosse Zurich Film Festival, welches trotz Pandemie 2020 durchgeboxt wurde - und damit Erfolg hatte. Selbst der neue Festivalchef Christian Jungen zeigte sich überrascht, aber auch hocherfreut, wie voll die Säle waren. Es ist ein Beweis dafür, dass die Menschen auch ins Kino kommen, wenn man ihnen Gründe dafür gibt.
Gute oder mindestens diskussionswerte Stoffe - das wissen auch die Streamingdienste - sind Trumpf. Das ZFF mit seinen vielen Premieren und interessanten Filmen lockte 68'000 Besucherinnen und Besucher an. Nach Abzug der Sitzplätze, die wegen der Schutzmassnahmen frei bleiben mussten, lagen die Besucherzahlen auf dem Niveau des Vorjahres.
Das andere Beispiel kommt von Redaktionskollege Marco Albini, der regelmässig in der St. Galler Stadtbibliothek Katharinen Filmnachmittage für Kinder organisiert und sie so an die Themen Kino und Film heranführt. Die Begeisterung und Dankbarkeit ist jeweils riesengross, wie das Briefchen unten zeigt. Die Kinos zu retten, sollte also auch im Sinne der kommenden Generationen sein, damit diese wie wir früher die gleichen prägenden Filmerlebnisse machen können. Und solche könnten 2021 ganz viele gemacht werden.

Prallgefüllte Schachtel Pralinen
Wie ein gewisser Herr Gump schon wusste, ist das Leben wie eine Schachtel Pralinen. Wenn man jetzt annimmt, dass diese Pralinen Filme sind, dann ist 2021 eine kurz vor dem Bersten gefüllte Schachtel. Auch wegen verschobenen 2020-Releases steht uns ein sensationelles Kinojahr bevor, das den Kinos von den Besucherzahlen her sehr gut tun wird.
Da wären natürlich die Blockbuster wie James Bond - No Time to Die, das Kingsman-Prequel The King's Man, die MCU-Filme Black Widow, Shang-Chi, Eternals und Spider-Man 3, Fast & Furious 9, der vom Trailer her grossartig aussehende Actioner Nobody, der langverschobene Sci-Fi-Film Chaos Walking, die Sony-Marvel-Filme Venom 2 und Morbius, Ghostbusters: Afterlife, Top Gun: Maverick, Dune, Uncharted, The Hitman's Wife's Bodyguard (Fortsetzung von The Hitman's Bodyguard), Mission: Impossible 7 und The Matrix 4.

Horror-Fans freuen sich derweil auf die Candyman-Fortsetzung, Halloween Kills, The Conjuring 3, Malignant (von Conjuring- und Saw-Erschaffer James Wan), The Forever Purge, A Quiet Place: Part II, der Saw-Film Spiral und das Sequel zum fiesen Schocker Don't Breathe.
Mit der ganzen Familie geht es derweil zu Raya and the Last Dragon, Minions 2, Hotel Transylvania 4, Jungle Cruise, Space Jam 2, Spirit Untamed, dem «101 Dalmatiner»-Prequel Cruella (mit Emma Stone), The Boss Baby 2, Bigfoot Family, Tom & Jerry und Peter Rabbit 2: The Runaway.
Doch auch der Schweizer Filmschaffen hat einige heisse Eisen im Feuer, welche wie Platzspitzbaby und Zwingli zu Sensationserfolgen werden können. Allen voran die bereits an Festivals frenetisch gefeierten Stürm (über den bekannten Ausbrecherkönig) und Wanda, mein Wunder von Bettina Oberli (Die Herbstzeitlosen).

Alle, die ab Explosionen, Jump Scares und/oder Schweizerdeutsch nur die Nase rümpfen, und sich lieber das ganze Jahr hindurch auf die Oscar-Verleihung vorbereiten, denen fallen gleich die Augen aus dem Schädel. In den Startlöchern stehen nämlich unter anderem The French Dispatch von Wes Anderson (The Grand Budapest Hotel), die preisgekrönte Tragikomödie Drunk (mit Mads Mikkelsen als Lehrer, die eine Alkohol-Theorie testet), Festival-Darling und Oscar-Favorit Nomadland (mit Frances McDormand), mit Last Night in Soho der neue Film von Edgar Wright (Cornetto-Trilogie, Baby Driver), The Father (mit einem grossartigen Anthony Hopkins als an Demenz leidenden alten Mann), Killers of the Flower Moon (Serienkiller-Thriller von Martin Scorsese, mit Leonardo DiCaprio und Robert De Niro), The Tragedy of Macbeth (von Joel Coen, mit Denzel Washington und Frances McDormand) und Guillermo del Toros Mystery-Thriller Nightmare Alley (mit Bradley Cooper, Cate Blanchett, Rooney Mara und Willem Dafoe).
Ich bin mir sicher, dass in dieser Aufzählung noch jede Menge Filme fehlen, doch bereiten Überraschungen und Entdeckungen jeweils auch immer sehr grosse Freude.
Es gibt also jede Menge Dinge, auf die man sich freuen kann. Halten wir noch ein paar etwas mühsame Monate durch - und werden danach mit jede Menge Goodies auf der grossen Leinwand belohnt. Von etwas bin ich nach diesem nicht einfachen Jahr felsenfest überzeugt: Die Menschen wollen zurück ins Kino - und das macht mich glücklich und lässt mich mit Vorfreude in die Zukunft blicken.
Ich wünsche euch allen ein sensationelles 2021!