"303": Das Interview mit Mala Emde und Anton Spieker

Male Emde und Anton Spieker verkörpern in "303" zwei Menschen, die sich bei einem Roadtrip kennen und lieben lernen. Wir haben die deutschen Schauspieler zum Interview getroffen.

OutNow.CH (ON): Wie seid ihr zur Schauspielerei gekommen?
Anton Spieker (AS): Es war eigentlich gar nicht von Anfang an klar. Aber viele Rollen, Jan aus 303 ganz besonders, sind Freunde, denen ich viel von mir anvertrauen kann. Und ich hab einfach sehr gerne viele Freunde. Theatermachen hat mir immer riesigen Spass gemacht. Ich hab mich dann an der Uni beworben und hatte das Glück, genommen zu werden. Es war aber nicht die einzige Option. Ich hätte auch Publizistik oder Politikwissenschaften studieren können. Ausserdem bin ich der Jüngste in der Familie, hatte dadurch gewisse Freiheiten und war auch irgendwie für die Unterhaltung verantwortlich.
Mala Emde (ME): Ich habe mir als Kind immer Filme und die Extras auf den DVDs angeschaut, in denen gezeigt wird, wie Filme entstehen. Mit sieben verspürte ich dann eine Sehnsucht zu spielen. Die Leute sagten: "Ach, du willst Schauspielerin werden". Nein, ich wollte einfach machen. Meine Eltern und ich haben mir dann eine gute Agentur gesucht. Ich bin zu Castings gegangen, habe mit 14 angefangen Theater zu spielen. Irgendwann gestand ich mir selbst ein: Ich will nicht aufhören zu spielen. Letztendlich bin ich also Schauspielerin geworden

ON: War es schwierig für euch in die Charaktere einzutauchen?
ME: Ich habe das Buch gelesen und war begeistert. Die Sprache ist absolut genau, wird den Figuren gerecht. Das Drehbuch von Hans bildete die ganze Basis dieser Arbeit. Bevor der Dreh losging, haben wir zu dritt geprobt, einige Wochen. Das ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich. Dann konnte die Reise beginnen. Wir haben chronologisch gedreht, die Strecke sind Anton und ich tatsächlich gefahren. Es war nicht schwer in die Charaktere einzutauchen, aber eine intensive Suche.
AS: Da kann ich Mala nur zustimmen. Mir war Jan sofort ans Herz gewachsen, weil er diesen Vaterkonflikt hat und mit sich trägt, aber erstmal nicht preisgibt und sich so Stück für Stück Jule anvertraut. Ich hatte gleich Bock das zu spielen. Und ich glaube, das ist immer ein gutes Zeichen, wenn man sofort Lust hat eine Figur zu spielen und daraus entwickelt sich dann meistens eine gute Arbeit.

© Filmcoopi


ON:Wieviel Mala ist in Jule und wieviel Anton in Jan?
ME: Also ich finde das ganz schwierig zu sagen. Auf jeden Fall können wir mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass Jan nicht Anton ist und Jule nicht Mala. Wir drei, Anton, Hans und ich haben alle die Überzeugung, dass wenn wir uns selber nicht zulassen, dass wir uns berühren und unsere Schutzschichten ablegen, dann können wir dich nicht berühren. Wenn wir uns nicht für die Figur öffnen, kannst du auch nicht aufmachen und berührt werden.
AS: Genau, perfekt. Die Suche nach der Wahrheit und nach dem, wo das Innerste drinsteckt, hat uns alle drei irgendwie verbunden. Es sind Figuren, die nicht wir sind, aber das, was sie zeigen, mussten wir in uns finden.

ON:In 303 wird viel gesprochen. Hattet ihr Probleme beim Lernen der Dialoge? Konntet ihr zwischendurch auch mal improvisieren?
AS: Die Dialoge sind alle eins zu eins so geschrieben. Es ist oft schwierig solche Texte zu lernen, aber bei Hans' Texten kann man den Gedanken sehr gut folgen, es ist einfach sehr lebensnah geschrieben, sehr natürlich.
ME: Es muss so klingen, wie als würden uns die Gedanken in dem Moment erst einfallen. Nichtsdestotrotz sind die Dialoge verdichtet, damit es spannend bleibt. Wenn wir beide jetzt über Kooperation und Konkurrenz reden, bräuchten wir eine Stunde Anlauf bis wir endlich in die heisse Diskussion kommen würden. Neben den Dialogen hat Hans uns manchmal Stunden am Tag improvisieren lassen. Die sind vor allem in die Montagesequenzen eingeflossen.

ON: Was gefällt euch persönlich am besten an 303?
AS: Ich glaube der Film ist wirklich eine grosse Ausnahme, weil er zeigt, dass es ok ist, zu kooperieren. Dass der Wunsch zur Kooperation in uns allen vorhanden ist, wir lieben es zu teilen. Ich verstehe die Meinung in der Geschäftswelt, dass Konkurrenz leistungssteigernd sein kann. Aber Druck ist der grösste Feind jeder Kreativität. Im Privatleben ist es ja noch schlimmer, da führt Konkurrenz nur zu Isolation. Die meisten Beziehungen haben auch irgendwie etwas wie Kapitalismus in sich, denn da gilt oft das Motto: «Ich bleibe nur mit dir zusammen, wenn ich etwas von dir bekomme.» Das ist im Film absolut nicht der Fall. Es sind zwei Seelen, die sich Zeit nehmen und sich füreinander interessieren. Das ist die reinste Form der Liebe, die man sich vorstellen kann, wenn man bereit ist, sich für den Anderen zu verändern.
ME: Der Film hat so viele Themen, die mich berühren und mich persönlich angesprochen haben. Ich habe mich sofort darin wiedergespiegelt gefühlt. Zum Beispiel die Weise, wie sich zwei Menschen kennenlernen und nicht darauf fokussiert sind, sich ineinander zu verlieben. Das entspricht für mich der totalen Wahrheit über Liebe. Die Geschichte über zwei Menschen, die sich treffen, reden und sich dadurch einander und der Welt öffnen.

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ON: Wie war die Zusammenarbeit mit Regisseur Hans Weingartner?
ME: Sie ist von allen Seiten sehr stark. Hans gibt einem wahnsinnig viel und er hat eine klare Haltung, zu dem was er tut. Er brennt für diese Sache. Er ist ein Regisseur, dem es nicht um sein Ego geht, sondern gänzlich um den Film. Dafür liebe ich ihn. In der Arbeit geht man sozusagen einen Pakt ein; vollkommene Hingabe für den Film. So ist dann auch die Zusammenarbeit, da gibt es nicht viel nebenbei.
AS: Mala hat das sehr schön gesagt und dadurch ist die Arbeit mit ihm auch wahnsinnig intensiv. Aber ich habe extrem viel bei ihm gelernt. Vor allem zu vertrauen. Alles, was Hans macht, macht er für den Film. Da geht es nicht um Ego oder Macht. Und das ist wunderschön und der Grund, weshalb wir alle diesen Weg eingeschlagen haben, Filme zu machen.

ON: Wie war es für euch, die Liebesszenen zu spielen?
ME: Erstens war da ein grosses Vertrauen und man konnte sich jederzeit äussern, wenn man sich unwohl fühlte. Und da wir chronologisch gedreht haben, war ich dann irgendwann mal auch aufgeregt und freudig, dass das jetzt dann mal kommen muss, so wie Jule beim Jan ewig darauf wartete.
AS: Es hat Spass gemacht, ich habe mich darauf gefreut. Der respektvolle Umgang untereinander hat alles ermöglicht.

ON: Was war das Lustigste, das ihr während der Dreharbeiten erlebt habt?
AS: Während der Probephase sind wir immer mit Malas Auto gefahren (das Auto heisst Eduard). Einmal hatten wir uns an einem Kiosk verabredet, um zur Probe an dern See zu fahren. Da stand das Auto nun unbeobachtet, Mala und Hans waren noch im Kiosk, und der Schlüssel steckte. Ich hab das Auto dann unbemerkt um die Ecke geparkt. Kurz hab ich Mala noch in dem Glauben gelassen, dass es geklaut wurde.
ME: Ja, das war lustig. Und meine Fahrkünste waren auch sehr aufregend. Ich hatte meinen Führerschein erst vor Kurzem gemacht. Allgemein war das Fahren mit dem Wohnmobil eine Herausforderung. Wir waren nur ein kleines Team von acht Leuten. Das hat uns Freiheiten gebracht, bedeutete aber auch eine Mehrfachbelastung für alle.

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ON: Habt ihr selber schon mal so einen Trip durch Europa gemacht?
ME: Nein, durch Europa so jetzt nicht, auf jeden Fall nicht so lange. Ich bin schon mit Freundinnen nach Italien gefahren, in Kanada war ich und mit dem Auto ein bisschen in Osteuropa. Aber nie so lange Strecken.
AS: Ich bin ähnliche Routen davor schon mal gefahren, weil ich surfen war mit Freunden. Allerdings dann mit dem Auto und nicht mit einem Wohnmobil. In Neuseeland war ich ein halbes Jahr mit nem Camper unterwegs.

ON: Wie sieht für euch der perfekte Roadtrip aus?
ME: Ein Auto, Sommer... guckt euch 303 an.
AS: Genau, schaut euch den Film an.

ON: Mit wem würdet ihr gerne mal zusammenarbeiten und weshalb?
AS: Es wäre der Knaller, irgendwann mal mit Woody Allen zusammenzuarbeiten. Seine Figuren bedingen immer einander, es sind keine Holzschnittfiguren, die einfach eine Geschichte vorantreiben. Die Figuren können nicht ohne einander. Das fasziniert mich.
ME: Mit dem Regisseur von Call me by Your Name, Luca Guadagnino. Ich liebe seine Filme, weil sie so klug und lustig sind. Er hat ein Gefühl für alle Sinne und ist ganz nahe bei den Schauspielern. Er schafft einen Raum, in dem die Schauspieler loslassen können und von daher sind seine Drehbücher immer so klug.

303 läuft seit dem 26. Juli 2018 in den Schweizer Kinos.

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