In 3 Tagen bist du tot: Interview mit Andreas Prochaska
Der Österreicher Andreas Prochaska machte auf seinem Weg zum Regiestuhl am Schnittplatz von Michael Haneke Halt. Eher zufällig wurde er nach einem abgebrochenen Theaterwissenschaftsstudium Schnittassistent bei Benny's Video und 71 Fragmente einer Chronologie des Zufalls. Später montierte er Das Schloss und Funny Games. Sein Kinofilm Die 3 Posträuber war für Kinder und gewann sieben Publikumspreise. Nach einer Reihe von Arbeiten für TV-Serien zeigt er nun in In 3 Tagen bist du tot, dass man auch im Salzkammergut Teenager durch die Wälder treiben kann, so dass es Spass macht.
OutNow.CH (ON): Wie stellt man es an, dass man nicht gegen die Amerikaner abstinkt, wenn man einen Slasherfilm dreht?
Andreas Prochaska (AP): Der Trick war, authentische Figuren zu benutzen. Die Erdung an einem oberösterreichischen See, an einem Ort, den es wirklich gibt, richtige Menschen zu platzieren. Die Grundidee war, das "Girl next door" oder den "Boy next door" in so ein Genre zu stecken, und eben nicht irgendwelche Models aus Beverly Hills oder Paris Hilton abzustechen. Ich wollte mit In 3 Tagen bist du tot nicht das Genre neu definieren, aber ich wollte so etwas einmal in Österreich probieren. Und deshalb habe ich Elemente gesucht, die unser Vorhaben unterstützten und das Ganze doch zu etwas besonderem machten.
ON: Gibt es in Österreich zuhauf Experten für blutige Effekte?
AP: Nein. Für mich waren viele Dinge Forschungsarbeit. Ich habe noch nie Unterwasser gedreht. Ich habe noch nicht so viel auf dem Wasser gedreht. Was die klassischen Spezialeffekte betrifft, gab es nicht sehr viele - ausser Regen und Blut. Für die abgetrennten Körperteile und entsprechenden Hautpartien haben wir einen Ungarn engagiert, der zuvor bei Der Henker diesen Bereich betreut hat, wo ja auch der eine oder andere Kopf gerollt ist. Aus Deutschland hätte es auch Leute gegeben, aber der aus Ungarn war einfach um die Hälfte billiger. Bei unserem Budget war das nicht unwesentlich.
ON: Hattet ihr Anschauungsbeispiele, wie man so einen Film dreht, oder auch um Fehler zu vermeiden. Gewisse Horrorfilmstories gehen ja nicht auf am Ende.
AP: So ein Film ist immer eine Reise ins Ungewisse. Im Vorfeld gab es ein paar Pflichtfilme, die ich mir angeschaut habe, die wir dann auch den Schauspielern in der WG gezeigt haben. Wir hatten einen Beamer und eine Leinwand, wo wir uns dann auch die Muster angeschaut haben. Merkwürdiges Zeugs, wie Tanz der Teufel 2 und Freitag der 13. und diesen ganzen Dinge. Wir haben die zwar in der geschnittenen Fassung geschaut, aber der Schock war trotzdem da, als wir merkten, dass Freitag der 13. relativ viel mit unserem Film zu tun hatte.
ON: Das wusstet ihr vorher nicht?
AP: Ich schwöre, ich habe den Film vorher nie gesehen. Das merkwürdige bei mir ist, ich habe mir gewisse Filme bis heute nicht angeschaut. Zum Beispiel auch Hostel, weil es nicht meine Form von Abendunterhaltung ist, dabei zuzuschauen, wie Leute zu Tode gefoltert werden. Insofern bin ich nicht der klassische Horrorfilmnerd, wie zum Beispiel mein Ausstatter, der wohl ziemlich alles gesehen hat.
ON: Hast du trotzdem einen Horrorlieblingsfilm?
AP: Final Destination fand ich sehr cool. Von den älteren gefiel mir Wolfen von Michael Wadleigh, der - glaube ich - neben diesem Film nur noch Woodstock gedreht hat. Der hat zwar überhaupt nichts damit zu tun, was wir hier veranstaltet haben, aber den fand ich schon immer grossartig.
ON: Du hast bei Michael Haneke als Cutter gearbeitet. Helfen die Lehrjahre bei Haneke für Horrorfilme?
AP: Absolut. Eine der grauenhaftesten Szenen in Funny Games ist die, in der Arno Frisch in der Küche steht, sich ein Butterbrot schmiert, und im Nebenraum hörst du einen Schuss. Du weisst nicht, wer gestorben ist. Das ist alptraumhaft, aber unglaublich ökonomisch. Du könntest den ganzen Tag Geballere und irgendwelche Körperteile, die abgesäbelt werden, filmen, aber du würdest nie denselben Effekt erzielen. Was mich auch beeinflusst hat, ist der Blick fürs Detail. Haneke erzählt immer vom Kleinen ins Grosse. Von diesem Interview würde er wahrscheinlich keine Totale fotografieren, sondern das Aufnahmegerät, ein Detail der Wasserflasche und die Videokamera und daraus die Situation bauen. Auch wenn seine Filme mittlerweile sehr teuer geworden sind, hat er sie früher mit gleichviel Geld gemacht, wie wir jetzt diesen Film. Das ist ökonomisch. Du zwingst den Zuschauer aber auch, selber mitzudenken. Wenn du das ein bisschen kontrollieren kannst, ist das natürlich obergeil.
ON: Der Film hat 2 Millionen Euro gekostet. Wie überzeugt man österreichische Geldgeber für einen Horrorfilm?
AP: Naja. Das österreichische Filminstitut fand den Film zwar spannend, aber befand, dass sich das mit so wenig Geld nicht ausgeht und mit Laienschauspielern sowieso nicht. Das österreichische Fernsehen und der Wiener Filmfond waren total überzeugt von dem Projekt. Ich muss dazu aber sagen, dass ich schon den einen oder anderen Film für den ORF gemacht habe. Vielleicht haben sie sich gedacht, dass da mal 'was anderes kommt, als das was unser Land sonst so produziert. Auf Druck der beiden anderen Institutionen hat dann auch das Filminstitut umgeschwenkt, und wir hatten plötzlich das Budget beieinander. Danach bemerkte ich einfach, dass alle - ob nun vom Tonstudio, dem Kopierwerk oder die Beleuchter - total happy waren, dass mal 'was anderes passiert im Land.
ON: Welche Rolle spielten Sponsoren wie der Telecom-Anbieter, den man im Film gut erkennen kann, bei der Finanzierung?
AP: Bei manchen Leute ist es eine grosse Hürde, wenn du sagst, du kommst mit einem österreichischen Horrorfilm. Andere waren total interessiert. Wir haben das verschiedenen Mobilfunkanbietern offeriert, weil es ja mit SMS sehr naheliegend war. A1 hat abgesagt. One hat ganz spontan zugesagt, weil sie gemerkt haben, dass wir uns sehr genau in ihrem Kundenkreis bewegen. Die waren aber auch schon bei einer achtteiligen Mystery-Serie im ORF mit dabei. Nach der Fertigstellung haben sie uns dann aber gleich noch mal Geld für den Kinostart gegeben, weil sie sich nicht gedacht hätten, dass das dabei rauskommt.
ON: Sind die Rocksong auf dem Soundtrack auch alles österreichische Bands?
AP: Ja. Alle, bis auf Monta, der den Schlusssong geliefert hat. Der ist Deutscher.
ON: Wie heissen diese?
AP: Die erste Nummer, zu der sie abrocken beim Autofahren, ist von 3 Feet Smaller, eine österreichische Punk-Combo. Dann When the Music is over. Das ist die, wo der Kollege Rupp rumzappelt mit der Luftgitarre. Dann gab's The Seesaw, eine in Österreich ziemlich bekannte Band. Und wir hatten noch Binder & Krieglstein und Julia. Es war auch eine Ambition hinter dem Projekt, dass man die Kräfte, die in Österreich vorhanden sind, versucht zu bündeln. Man darf es gar nicht laut sagen. Die Musiker haben nur 500 Euro pro Song gekriegt, waren aber trotzdem alle dabei, weil sie sich gedacht haben, dass es nicht so viele Filme gibt, wo man ihre Musik verwenden könnte.