Hellboy: Interview mit Selma Blair
Selma Blair hat den Ruf, sich nicht immer ganz im Sinne ihrer PR-Berater zu verhalten. OutNow.CH war deshalb nicht allzu überrascht, als eine Aufpasserin mit im Zimmer sass für das Interview.
Nicole, wie die Dame hiess, wenn wir uns recht erinnern, musste also aufpassen, dass Selma keine schmutzigen Sachen mit den Männern von OutNow.CH anstellte. Sie hat's trotzdem getan. Mehr dazu später. Die Schauspielerin sah auf jeden Fall blendend aus in einem dunkelbraunen Oberteil und beigen Hosen. Sie schien zufrieden zu sein. Da OutNow.CH ein bisschen trödelte mit dem Anfangen des Gespräches, stellte sie die erste Frage.
SB: Hat dir der Film gefallen?
ON: Der Film gefiel mir sehr.
SB: Was wäre, wenn nicht? Würdest du es mir trotzdem sagen?
ON: Ich denke schon. So "amerikanisch" sind wir noch nicht? [Alle fangen an zu lachen, auch Nicole, die Aufpasserin] Wir würden es dir verklickern, ganz im ernst. Ich mag den Film, obwohl ich wohl schon ein bisschen zu alt bin dafür. Hellboy ist ein bisschen zu teeniehaft.
SB: Denkst du? Ich liebe den Film.
ON: Aber es gibt so viele andere Filme mit dir, die überhaupt nicht für Teenies sind, die mir sehr gefallen. Deshalb bin ich froh, mit dir eine Interview zu führen.
SB: Wunderbar. Danke.
ON: Du siehst übrigens blendend aus. Ich las mal, dass du Dich neben Cameron Diaz und Christina Applegate am Set zu The Sweetest Thing wie ein Wildfang fühltest. Ich bin nicht dieser Meinung.
SB: Oh, vielen Dank. Guillermo nennt mich aber auch seinen Wildfang.
ON: Wie oft hast du den Film schon gesehen?
SB: Ich habe den Film schon dreimal gesehen.
ON: Wie bist du zum Hellboy-Projekt gestossen?
SB: Guillermo hat angerufen und sagte mir, dass er mich für die Rolle will. So war das. Ich hatte keine Ahnung von diesem Film, wusste nicht mal, dass er in Produktion war. Ich kannte wenige Filme von Guillermo. Ich hatte nur Espinazo del Diablo gesehen. Mit dem war ich vertraut, aber den fand ich bezaubernd. Der war wirklich sehr hübsch. Deshalb habe ich zugesagt. So kam ich zu meiner Rolle. Ich habe ihn auch getroffen. Ich war so nervös, dass ich mich während des ganzen Interviews hinter seinem Pult versteckte. Ich kann mich nicht einmal mehr daran erinnern. Er hat es mir nachher erst erzählt. Auch deshalb dachte er, ich sei perfekt für Liz. So einfach war das.
ON: Kannst du dich mit Liz in irgend einer Art identifizieren?
SB: Ich identifiziere mich mit Liz. Ich denke, dass ich, wie fast alle, die ich kenne, eine sehr starke Person bin. Wir alle haben aber viel mehr Kraft, als wir zu denken und benutzen wagen. Ich kann sehr unbeholfen sein und mich unwohl fühlen im Leben. Deshalb war es sehr leicht, mich in Liz hineinzuversetzen. Sie ist eine starke Frau, die gleichzeitig wie ein sehr unbeholfenes Mädchen agiert. Ich habe ähnliche Züge und auch diese Angst, die ich hoffentlich nicht mein ganzen Leben behalten werde. Es ist echt wie ein Sog. Aber damit kann ich mich identifizieren.
ON: Kanntest du die Hellboy Comics schon vor dem Film?
SB: Nein. Ich wusste nicht mal, dass die existieren. Sobald ich aber die Rolle angeboten bekam, holte ich mir alle. Die waren voll nach meinem Geschmack. Mike Mignola ist ein erstaunlicher Geschichtenerzähler und sie gehören zu den schönsten Comics, die es gibt. Aber vorher kannte ich sie nicht. Auch Liz kannte ich kein bisschen besser, sogar nach dem Lesen der Comics. Sie kommt ja höchst selten vor in den ersten Ausgaben. Sie kam erst in der "B.P.R.D."-Serie so richtig zum Zug. Ich dachte: "Was soll das? Ich kenn die Frau gar nicht." Ich konnte nichts über sie erzählen. Sie kam in einem Frame vor, mit einer Zigarette vielleicht. Das einzige, was ich vom Comic adaptieren konnte für den Film, war die Baskenmütze, die ich in den Film bringen wollte. Die sah aber auf mir so lächerlich aus, dass die meisten Szenen rausgeschnitten wurden.
ON: Liest du andere Comics? Hast du als Kind Comics gelesen?
SB: Nein. Ich war eines dieser dämlichen Mädchen, die "Archie"-Comics lasen. Ich las keine Fantasy Comics. Nur dieses Pausenplatzzeugs wie "Ritchie Rich" und "Betty and Veronica". Die etwas idiotischen halt. Jetzt hat sich das geändert. Ich liebe diejenigen von Neil Geiman. Ich liebe "Spiderman" und "Superman" und mein Mann ist ein grosser Comic-Freak. Deshalb kann ich jetzt seine nehmen und lesen.
ON: Hellboy wurde auch in Prag gedreht. Hattest du Zeit, dich in der Stadt umzusehen?
SB: Ich hatte während Hellboy viel Zeit. Das war die grösste Herausforderung beim Dreh, dass ich eben nicht allzu viel zu drehen hatte. Ich war glücklich auf dem Set. Ich mochte die Leute sehr. Ich hatte aber auch einen Monat frei, während dem ich aber nicht in die USA oder nach London reisen konnte, falls sie mich trotzdem hätten gebrauchen können. Deshalb blieb ich in Prag und es ergaben sich Freundschaften mit den Serben (sic), die dort lebten. An den Wochenenden ging es auf Reisen. Ich habe ein paar Schlösser besichtigt. Ich mochte Prag sehr.
ON: Wirst du in Hellboy 2 auch mitspielen?
SB: Ja. Ich bin im zweiten Teil! Wo kämen wir da hin, du gemeiner Kerl. Liz hat ihre Kräfte gefunden. Also soll sie besser auch dabei sein im zweiten Teil. Ich werde unterschreiben und wir werden in einem Jahr mit den Dreharbeiten beginnen. Wahrscheinlich in Prag, vielleicht sogar Berlin.
ON: Kannst du schon was über den Plot erzählen?
SB: Streng geheim. Ich habe das Geheimnis beschworen. Ich denke aber, es wird sehr schön werden. Liz wird noch stärker sein im Sequel. Sie muss es sein. Sie hat noch nicht viele Bäume ausgerissen im ersten Teil.
ON: Wie war es Ron Perlman zu küssen unter all seinem Make-Up?
SB: Ich habe mich drauf gefreut. Ich war total verknallt in Hellboy während des ganzen Films. Ich war aufgeregt. Guillermo hat die Kussszene bis zum letzten Drehtag aufbehalten. Ron war aber noch nervöser als ich. Er könnte mein Vater sein, deshalb war es ein sehr emotionaler Moment für ihn. Als wir dann küssten, war es sehr seltsam, weil er ja aus Gummi bestand. Ich vergas, dass Hellboy ganz gummig war. Er wirkte sexy auf mich während dem Dreh, sehr stark und humorvoll. Ich konnte ihn als Person kennenlernen. Nicht als Ron sondern als Hellboy. Als wir dann rumknutschten, war alles nur Zähne und Latex. Im Film sieht das alles viel besser aus, das kannst du mir glauben. Ich habe mich kaputt gelacht an dem Tag.
ON: Meinst du der Kuss wird wieder für den MTV Movie Award nominiert?
SB: Ich weiss es nicht. Ich hätte nichts gegen eine weitere Buchstütze, so eine MTV Popcorn Trophäe. Aber da war zu wenig nackte Haut im Spiel für den Geschmack von MTV. Die mögen die Sachen verrückter heutzutage.
ON: Wie fühlt man sich als eines der Mädchen aus der Szene, die wohl für die grössten Abnützungserscheinungen an den Pausenknöpfen der Fernbedienungen geführt hat, in der Geschichte der DVD?
SB: Redest du von der Szene mit Sarah Michelle Gellar? Das war äusserst nett. Das war fast so was wie ein sehenswerter Teil der Filmgeschichte. Für mich ist Cruel Intentions eine der besten Teenie-Filme, die gedreht wurden in der Welle der Filme nach denen von John Hughes. Und Sarah war reizend zum Küssen. Sie ist ein schnuckeliges Mädchen. Sie hat sehr schöne Lippen. Die Spucke war ein bisschen Respekt einflössend. Es gab da diesen *Schwüt" (sie zieht eine imaginären Faden aus Spucke von ihren Lippen), der immer wieder gedreht werden musste, bis das richtig gut im Kasten war. Es war mein erster und letzter Kuss mit einer Frau. Ich bin froh, dass er auf Film gebannt wurde, so dass ihn meine Kinder mal sehen werden können.
ON: Vor Deiner Karriere beim Film hast du auch mit der Fotografie geliebäugelt. Zeigst du immer noch Interesse daran? Schiesst du noch Fotos?
SB: Nicht dass ich damit Geld machen könnte. Ich hab mir früher meinen Lebensunterhalt damit verdient. Ich schoss Fotos im Sportbereich und schickte sie Magazinen zu. Ich wollte auch als Künstlerin ernst genommen werden. Als ich dann Schauspielerin wurde und langsam Arbeit bekam, habe ich aufgehört damit. Es gibt aber eigentlich keinen Grund, es nicht wieder zu tun. Ich werde es tun. Ich muss nur eine Dunkelkammer einrichten.
ON: Kannst du uns etwas über Deine Rolle im neuen John Waters Film A dirty Shame erzählen?
SB: Ich spiele ein Mädchen namens Ursula Udders. Ich bin einfach scheusslich, ein scheussliches sexy Biest. Ich bin Tänzerin. Ich möchte es zumindest gerne sein. Aber allzu gut bin ich nicht darin. Und ich bin sexsüchtig. Meine Mutter wird gespielt von einer hysterischen Tracey Ullman und Chris Isaac spielt meinen Vater. Johnny Knoxville ist auch in dem Film. Es ist eine grossartige Besetzung à la John Waters. Es ist ein lächerlicher, dreckiger, Ekel erregender Film, der zugleich sehr fröhlich ist. Im Grunde eine Horde Aussenseiter, die nicht viel Selbstachtung haben. Igitt!
ON: Der Film bekam keine Jungendfreigabe in den USA.
SB: Nein. Es wurde so zu einem Fest für die John Waters-Fans. Juhee. Wir haben unser Idol zurück. Fertig lustig mit den Filmen wie Hairspray, der auch deiner Mutter gefiel. Genug mit dem guten Mainstream John Waters. Dies ist wieder scheusslicher Trash der alten Schule.
ON: Du wirst das wahrscheinlich schon oft gefragt worden sein. Wie kamst du mit dem Kostüm zurecht? Sehr komfortabel sieht es nicht gerade aus?
SB: Es war ein Riesending. Ich habe Ron Perlman noch ausgelacht wegen den Prothesen, die er durchstehen musste. Ich hatte keine Ahnung, dass ich nach Hause gehen und jeden morgen für vier Stunden nackt in einem Zimmer sitzen würde mit Männer, die Titten an mir befestigen. Und sie danach wieder ablösten für zwei Stunden, was bei mir einen Hautausschlag zur Folge hatte. Aber es war spassig. Sie waren nicht allzu schwer. Ich fühlte mich aber sehr plump. Ich fühlte mich grässlich. Ich konnte sie als Armlehne benutzen. Ich konnte beim Mittagessen das Tablar draufstellen und von meinen Brüsten essen. Den Freund konnte ich aber nicht küssen. Ich brachte den Kopf nicht über meine Brüste. Ich habe sie aber ein paar Bauarbeitern gezeigt, indem ich meinen Morgenmantel aufknöpfte. Nicht einer hat gepfiffen. Sie waren nur verstört. Denen wurde richtig gehend übel. Die Titten waren enorm.
ON: So schlecht stehts also nicht um uns Männer. Du hast Ahmed Zappa geheiratet. Wie ist es, ein Teil der Zappa-Familie zu sein?
SB: Schwierig zu sagen. Ich denke, meine Familie war seltsamer als ich dachte, denn die Zappas scheinen sehr bodenständig zu sein. Auch wenn sie viel kreativer sind als eine Durchschnittsfamilie. Und sehr unschuldig. Es ist eine unschuldige, liebenswürdige Familie. Gar nicht versunken in... Ich denke viele Leute haben das Vorurteil der Drogen und einer gewissen Verrücktheit. Aber da merke ich nichts davon. Das war nie so. Frank Zappa war ein innovativer Künstler, der nur mit seinem Geist arbeitete. Es ist mir eine Freude. Ich betrachte es als echte Ehre. Ich freu mich schon darauf, meinen Kindern von Opa Frank zu erzählen.
ON: Zum Schluss möchte ich dir ein paar Stichworte liefern. Du sagst einfach, was dir gerade dazu einfällt.
SB: Ok.
ON: Die Schweiz
SB: Uhren.
ON: Internet
SB: Pornographie.
ON: Franz Zappa
SB: Schnauzbart.
ON: The Blair Witch Project
SB: [sie lächelt] Übelkeit.
ON: Christmas in Tulsa
SB: Was soll der Scheiss? [sie prustet vor Lachen]
ON: Ich sage es dir gleich. Promoarbeit
SB: Geistige Umnachtung.
ON: OutNow.CH
SB: Schwule Männer. Weil wir in der USA ein Magazin haben, das Out Magazine für Schwule.
ON: Hoppla. Da müssen wir, glaub ich, mal eine Recherche starten. Aber das wär's dann eigentlich schon. Nur noch schnell wegen "Christmas in Tulsa"
SB: Ist das ein Film?
ON: Es ist der Name der Episode der Friends, in der du spielst.
SB: Ah. Ich vergas. Ich dachte: "Was soll der Scheiss?" Ich dachte, das sei eine Band oder so. Jetzt würde ich Matthew Perry sagen.
ON: Da wir es gerade davon haben. Was geht ab am Set der populärsten Sitcom aller Zeiten?
SB: Es war mir eine Ehre. Ich sagte eines Tages: "Ich will in einer Friends-Episode mitspielen." Und sie sagten gleich zu und bestellten mich für den nächsten Tag. Das ging ganz rasch. Ich kannte Matthew Perry und wir wurden danach dicke Freunde. Und mit Jennifer bin ich schon lange befreundet. Es war ein bisschen blöd von mir, dass ich meine einzige Chance, mit der ganzen Truppe zu spielen, vergeigt habe. Ich kenne auch Courtney und David gut. Eigentlich kenne ich alle. Ach nein. Ich kenne Matt nicht. Aber sonst wären das meine Freunde und es wäre ein Gaudi gewesen. Leider hat dem nicht sollen sein.
ON: Das wäre es dann wohl.
Selma Blair hat sich dann das Mikro geschnappt und angefangen rein zu stöhnen. Selma wollte zwar nicht, dass wir das Interview mit der Videokamera filmten, aber Fotos waren kein Problem. Natürlich befragten wir sie auch zur Konfiszierung der Hellboy-DVDs in Berlin von letzter Woche. Sie hat den Vorfall auch bemerkt und sagte, dass eine der DVDs eine Schwarzkopie war. Sie machte klar, dass beide DVDs zu den rechtmässigen Besitzern zurückgeschickt wurden. Vor allem dank Guillermo del Toro, der während dem gemeinsamen Abendessen mit dem Chef von Columbia Tristar Deutschland Martin Bachmann, bei dem die Internet-Piraterie zur Sprache kam, sich dafür einsetzte, keinen allzu grossen Wirbel daraus zu machen. Gemäss Selma Blair wollte Bachmann den Besitzer der Raubkopie verklagen. Schlussendlich setzte sich aber Guillermo del Toro mit seiner bekannten fan-freundlicheren Linie durch.