Filmkritik: Nah am Wasser erzählt

41th Sundance Film Festival
Sticht neuerdings in See: Maren Hery als Lu.
Sticht neuerdings in See: Maren Hery als Lu. © Courtesy of Sundance Institute

Die 14-jährige Lu (Maren Heary) wird von ihrer Mutter bei den Grosseltern platziert. Das nervt die Teenagerin, bis sie segeln lernen und ein Entenküken adoptieren darf. Am selben See gibt's auch ein Sommercamp für hochbegabte Musiker. Dort übt Jun (Jim Kaplan) unter dem Druck seiner Mutter Geige, damit er bei der Auswahl der Orchesterplätze ganz zuvorderst ist.

Letzte gemeinsame Stunden: Blue Jay (Tenley Kellogg, links) und Robin (Emily Hall).
Letzte gemeinsame Stunden: Blue Jay (Tenley Kellogg, links) und Robin (Emily Hall). © Courtesy of Sundance Institute

Die alleinerziehende Annie (Karsen Liotta) arbeitet in einer Bar am Green Lake und hört von einer Barbekanntschaft, es gebe im Gewässer einen Fisch so gross wie ein Wal. Sie beschliesst, ihm zu helfen, und die beiden besorgen sich eine Harpune. Dann arbeiten da noch die zwei Schwestern Blue Jay (Tenley Kellogg) und Robin (Emily Hall) in einer kleinen Pension für ihre Gäste. Doch die ältere, Robin, wird Green Lake bald verlassen.

Dieses bemerkenswert abgeklärte Erstlingswerk bringt dem Publikum in vier unabhängigen Episoden Upstate Michigan, die Heimat der Regisseurin Sierra Falconer, und seine Leute näher. 87 Minuten lang lässt sie einen teilhaben an kleinen Momenten der Glückseligkeit und Enttäuschungen ihrer Protagonistinnen und Protagonisten in prächtig sommerlichem Setting.

Debütfilme sind nicht einfach. Welche Geschichte soll ich erzählen? Auf welche Art? Mit welchen Darstellerinnen und Darstellern? Das hat sich auch Sierra Falconer gefragt, als sie sich um ihren ersten Film kümmerte, der in der Gegend spielt, wo sie selber aufwuchs. Sie hat sich dann gleich für vier Geschichten entschieden, die eine Anthologie mit den Kapiteln «Sunfish», «Summer Camp», «Two-Hearted» und «Resident Bird» bilden. Das macht alles gleich viermal schwieriger. Was Falconer aber souverän meistert.

Die vier Geschichten sind - ausser auf dem Gewässer, an dem sie spielen - nicht weiter miteinander verbunden. Sie wechseln Erzähltempo und Schnittrhythmus je nach Plot. Und sie sind grossartig besetzt. Bei keiner der Geschichten stockt die Spannung, und man bleibt dran.

Oft schildert Falconer, wie jemand jemandem anderen etwas beibringt: Segeln, Eierspeisen oder Geigen-Drill werden dabei so aufschlussreich dargestellt, dass man meint, man könne das danach auch selber. Ein zarte Bande entsteht zwischen den Figuren in allen vier Geschichten, der man sich auch beim Zusehen nicht entziehen kann. Sierra Falconer ist eine Regisseurin, die man als Filmfan für die Zukunft auf dem Zettel haben sollte.

Roland Meier [rm]

Roland sammelt 3D-Blu-rays, weil da die Publikationen überschaubar stagnieren, und kämpft im Gegenzug des Öfteren mit der Grenze der Speicherkapazität für Aufnahmen bei Swisscom blue TV. 1200 Stunden Film und Fernsehen ständig griffbereit sind ihm einfach nicht genug.

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