Quir (2024)

Quir (2024)

  1. 105 Minuten

Filmkritik: One Does What One Must

We want you!
We want you! © cineworx

Massimo und Gino führen den kleinen Laden «Quir» in Palermo, in dem sie selbstgemachte Handtaschen und Lederwaren verkaufen. Seit 42 Jahren sind die beiden schon zusammen und mussten einige Hürden überwinden. Doch neben Lederwaren bieten sie auch eine kleine Oase für die lokale LGBTQI+-Community. Die Menschen der Community kommen zu ihnen, um von ihren farbigen Leben zu erzählen, von ihren Tragödien und Erfolgen.

Wo hab ich bloss meine Lockenwickler hingelegt?
Wo hab ich bloss meine Lockenwickler hingelegt? © cineworx

Mit viel Geduld und Leidenschaft betreiben Massimo und Gino ihren kleinen Laden, leihen der Community ihr Gehör und bieten Rat, wo gewünscht. Gleichzeitig kämpfen sie weiter um Akzeptanz und Anerkennung, denn im patriarchalen Sizilien herrscht weiterhin viel Homophobie. Gemeinsam mit ihren Freund:innen diskutieren sie am Tisch, demonstrieren auf der Strasse und zeigen der Öffentlichkeit, wie es sein kann, sich selbst zu sein.

Der Film fährt nicht mit einem spannenden und fesselnden Plot auf. Einige Längen kommen immer wieder vor und erfordern etwas Geduld, die sich am Ende jedoch auszahlt. Denn als Ganzes zeigt Quir auf authentische Art und Weise das Leben an sich, aus der Sicht von Einzelpersonen aus der LGBTQI+-Szene.

Einen Sinn hinter dem Film zu finden, bleibt vergebene Müh. Genau wie im Leben. Manche suchen ihn ein Leben lang und werden nie fündig, andere meinen, einen Sinn gefunden zu haben, und wieder andere machen sich selbst einen Sinn.

Esteres trifft auf das Publikum zu, das Quir schaut. Letzteres scheinen die Protagonist:innen geschafft zu haben. Es gibt keine eigentliche Storyline, der Film zeigt lediglich Ausschnitte aus den diversen Leben von Personen, die bei Massimo und Gino einen Treffpunkt gefunden haben. Charly träumt seiner Zeit in Hollywood nach, in der er mit Stars wie Marilyn Monroe befreundet war. Vivan sucht regelmässig Rat bei Massimo auf ihrem mit viel Zweifeln durchzogenen Weg der Transition zur Frau. Und dann ist da noch der fürsorgliche Ernesto, der seine Showkarriere auf Eis legte, um sich dem Theater, das das Leben spielt, zu widmen: dem Pflegen seiner kranken Mutter.

Wie das Leben selbst, ist die Dokumentation von Nicola Bellucci (Nel giardino dei suoni) abwechslungsweise verwirrend, lustig, traurig und immer wieder auch etwas langweilig. So gesehen, gelingt ihm mit Quir ein authentischer Einblick in das schöne und schwierige Leben der Menschen aus der LGBTQI+-Szene in Sizilien.

Als Publikum wird es aber zwischendurch etwas anstrengend, bei der Sache zu bleiben. Dass der Film keinen eigentlichen roten Faden hat, macht das Ganze nicht einfacher. Klar, den Mittelpunkt der Handlung bilden Massimo und Gino, in deren Laden die Figuren zusammenkommen. Doch als Storyline bietet das zu wenig, um sich an einer Handlung festzuhalten. Sieht man darüber hinweg, vermag Quir jedoch mit den Lebensgeschichten der Protagonist:innen zu berühren. Schliesslich «menschelt» es überall, und genau das macht den Film aus.

Diana Rolny [dro]

Diana arbeitet seit 2013 als Freelancerin bei OutNow. Sie liebt Dokumentationen wie «The Life of Brian» und Wanderfilme aus Mittelerde. Zu schwarzhumorigen Komödien geniesst sie gerne einen Martini Dry, bei Sci-Fi einen Pangalactic Gargleblaster und bei sinnfreien Kunstfilmen einen Molotowcocktail.

  1. Artikel
  2. Profil