Kraven the Hunter (2024)

Kraven the Hunter (2024)

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  2. 127 Minuten

Filmkritik: Sein Anfang ist das Ende

«I'm Kick-Ass, äääh, Kraven.»
«I'm Kick-Ass, äääh, Kraven.» © Sony Pictures Switzerland GmbH

Von kleinauf wurde den Brüdern Sergei (Levi Miller) und Dmitri Kravinoff (Billy Barrat) von ihrem Vater Nikolai (Russell Crowe) eingetrichtert, keine Schwäche zu zeigen. Nur die Starken überleben in der Welt. Um seiner Botschaft Nachdruck zu verleihen, reist Nikolai mit seinen Söhnen nach Afrika, um dort einen riesigen Löwen zu erlegen. Es kommt anders: Sergei wird von dem Löwen angegriffen und schwer verletzt. Bevor er das Zeitliche segnet, bekommt er aber ein Serum verabreicht, das ihm übermenschliche Kräfte verleiht.

Flug knapp verpasst?
Flug knapp verpasst? © Sony Pictures Switzerland GmbH

Jahre später: Sergei (Aaron Taylor-Johnson) lebt im fernen Osten von Russland und tötet Wilderer und andere böse Jungs. Als er in einem Gefängnis einen gefährlichen Kriminellen um die Ecke bringt, wird ihm schnell klar, dass dies der Anfang einer atemlosen Hatz ist, in die bald auch sein Bruder (Fred Hechinger) und sein Vater verwickelt werden. Denn der fiese Aleksei Sytsevich aka «The Rhino» (Alessandro Nivola) hat böse Absichten.

Der erste grosse Leinwandauftritt von Kraven, in dem gezeigt wird, wie aus Sergei Kravinoff der gefürchtete Spider-Man-Bösewicht wurde, ist aller Vorraussicht nach der letzte Film in «Sony's Spider-Man Universe». Dank launiger Action, einem vor allem physisch überzeugenden Aaron-Taylor-Johnson in der Titelrolle und einem coolen Christopher Abbott als Gegenspieler The Foreigner ist Kraven the Hunter besser als Morbius, aber wegen eines unsteten Erzähltons nicht so kurzweilig wie Venom.

Es ist ein ungünstiger Zeitpunkt, dass nur wenige Tage vor dem Start von Kraven the Hunter durchgesickert ist, dass das Filmuniversum «Sony's Spider-Man Universe» nicht fortgeführt wird. Sony versuchte sechs Jahre lang mit Spider-Man-Nebenfiguren ein eigenes Franchise aufzubauen, doch waren an den weltweiten Kinokassen eigentlich nur die drei Venom-Filme erfolgreich. Morbius und Madame Web blieben beide hinter den Erwartungen zurück.

In Zukunft will das Studio ganz auf Spider-Man fokussieren - im Marvel Cinematic Universe, im Spider-Verse und in der Prime-Serie Spider-Man noir. Kraven the Hunter ist somit (ungeplant) der Abschluss einer Filmreihe, die doch mit dem in Venom: The Last Dance eingeführten Knull jetzt so richtig hätte abheben sollen.

Als versöhnliches und feinfühliges Ende kann man den Film von J. C. Chandor nicht wirklich bezeichnen, was aber auch zu erwarten war. Schon früh wurde kommuniziert, dass Kraven the Hunter mit einem R-Rating (ab 17 Jahren) in die US-Kinos kommen und es so einiges an brutaleren Szenen zu sehen geben wird. Dieses Versprechen hält der Film ein. Besonders in der allerersten Szene wird Kraven als tougher Kerl etabliert, auf dessen Liste man besser nicht stehen will. Aaron Taylor-Johnson hat für die Rolle massiv an Muskeln zugelegt und wird der Grund sein, weshalb sein Name zusammen mit den Worten «Workout» und «Diet» oft gegoogelt werden wird.

Am Körpereinsatz des Hauptdarstellers liegt es nicht, dass der Comic-Actioner etwas Mühe hat, in die Gänge zu kommen. Vielmehr ist es das Drehbuch, das oft umgeschrieben wurde, was dem Endergebnis auch anzumerken ist. Zu Beginn wirkt es so, als sei das ein Film über die Folgen von toxischer Männlichkeit. Doch das scheint immer mehr zwischen undurchsichtigen Handlungssträngen zu versinken, während dabei wichtige Fragen offen bleiben. Wie zum Beispiel landet man auf Kravens Abschussliste? Und wie genau passt die Anfangssquenz zum Rest des Filmes?

Vieles wirkt recht lose, wobei eine Spinnenphobie von Kraven zu Beginn des dritten Akt aus dem Nichts kommt. Wie aus dem Nichts kommt da auch Christopher Abbotts «The Foreigner». Dieser eiskalte Auftragskiller, der nur Hardcore-Fans der Spider-Man-Comics ein Begriff sein dürfte, ist neben Kraven wohl die coolste, weil unheimlichste Figur des Filmes. Abbott überzeugt in der Rolle, bringt jedoch nicht so viel Spass in die Sache wie Alessandro Nivola als «The Rhino» und Russell Crowe als böser Papi. Was diese beiden mit ihren Akzenten anstellen, hat grossen Unterhaltungswert.

So bietet Kraven the Hunter auf der einen Seite eine knallharte Actionstory mit einem verbissenen (Anti-)Helden, auf der anderen ziemlich durchgeknallt agierende Figuren. Diese Mischung geht nicht immer auf, aber dieser rau wirkende Mix passt dann doch ganz gut zur Hauptfigur. Easter-Eggs wurden für Fans ein paar eingestreut - unter anderem ist kurz auf einem Laptop der Werbauftritt des Daily Bugle zu sehen und der Name Miles Warren fällt einmal. Was es mit Warren auf sich hat, muss gegoogelt werden. Erzählt wird es im «Sony's Spider-Man Universe» wohl nicht mehr.

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

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