25 Jahre ist es her, seit Nicole Kidman in Eyes Wide Shut zusammen mit Tom Cruise neue sexuelle Welten erkundete. Ihre Romy, die sie in Babygirl verkörpert, ist zwar älter, aber sexuell weit weniger aufgeschlossen als die Protagonistin aus Kubricks Film. Das erstaunt insofern, als wir heute in einer Welt leben, in der man sich für Kinks aller Art nicht mehr schämen muss. Dass die erfolgreiche CEO sexuell ähnlich unbedarft agiert wie Anastasia Steele in Fifty Shades of Grey, ist da schon etwas schwer zu glauben.
Aber nun gut, das ist wohl der «Suspension of Disbelief», den das Publikum eingehen muss, um sich auf den Film einzulassen. Einen Film, der sich durchaus subtil nicht nur mit Sex, sondern auch mit Dominanz und Unterwerfung und indirekt auch mit Rollenmodellen auseinandersetzt. Gelungen ist dabei vor allem die Interaktion zwischen den beiden Hauptcharakteren. Die leicht überspannte Kidman passt perfekt in ihre Rolle. Und ihr Co-Hauptdarsteller Harris Dickinson - bekannt vor allem als leicht unterbelichtetes Model aus Triangle of Sadness - gibt seinem Samuel eine interessante, nur auf den ersten Blick widersprüchlich scheinende Mischung aus forschem Auftreten und Verletzlichkeit.
Interessant ist auch die Besetzung von Antonio Banderas als Jacob. Ausgerechnet der Mime, der in jüngeren Jahren unter anderem als Latin Lover bekannt wurde, spielt hier den leicht stieren Ehemann, der von der sexuellen Frustration seiner Frau nichts mitkriegt. Dies zeugt von einem Sinn für Ironie. Da drückt wohl ein wenig die Komödienregisseurin durch, denn der letzte Film von Regisseurin Halina Reijn war der makabere Horrorspass Bodies Bodies Bodies. Auch sonst hat Babygirl immer wieder Anflüge von Humor. Der Film nimmt sich selbst gerade genug ernst, um das Thema nicht ins Lächerliche zu ziehen, und genug unernst, um nicht bieder-verkrampft zu wirken - wie es beispielsweise eben die Fifty-Shades-Trilogie ist.
Leider hat allerdings gerade ein Antonio Banderas wenig Gelegenheit, viel aus seiner Figur herauszuholen. Zu beschränkt ist seine Screentime, zu platt sein Charakter. Das gilt auch für alle anderen Nebenfiguren, die allesamt hauptsächlich als Plot-Device oder Stichwortgeber dienen. Auch ist die Geschichte eher arm an überraschenden Wendungen und kaschiert dies durch einige stylish inszenierte, aber inhaltlich unnötige Passagen. Da ist das erotische Katz-und-Maus-Spiel aus Fair Play schon etwas kurzweiliger, auch wenn dieser Film hinsichtlich Realitätsnähe wohl noch einige Stufen tiefer anzusiedeln ist.