White Bird (2023)

White Bird (2023)

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  2. 120 Minuten

Filmkritik: Dem Faschismus den Vogel gezeigt

Erzähl mir deine Geschichte, Oma.
Erzähl mir deine Geschichte, Oma. © Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.

Der junge Julian (Bryce Gheisar) hat es an seiner neuen New Yorker Schule nicht leicht. Er findet kaum Anschluss und begegnet auch ihm freundlich gesinnten Mitschülern mit einer eisigen Distanz. Als Julian eines Tages nach Hause kommt, überrascht ihn seine Grossmutter Sara (Helen Mirren), die extra aus Paris angereist ist, um ihren Enkel zu sehen. Im Gespräch der beiden erfährt Sara von Julians Mühe in der Schule und erkennt, dass ihm diese neue Situation zu schaffen macht. Also erzählt sie ihrem Enkel eine Geschichte aus ihrer Vergangenheit.

Liebe kennt keine Barrieren.
Liebe kennt keine Barrieren. © Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.

Darin wächst die junge Sara (Ariella Glaser) glücklich in Aubervilliers-aux-Bois auf, einem kleinen elsässischen Dorf. Eines Tages beginnt das idyllische Leben des jüdischen Mädchens zu zerfallen, als Nazis das Dorf in ihre Gewalt nehmen und die jüdische Bevölkerung in Konzentrationslager deportieren. Sara muss fliehen und findet Schutz bei ihrem Mitschüler Julien Beaumier (Orlando Schwerdt), der sie trotz seiner Polio-Erkrankung und an Krücken gehend vor den Klauen der Nazis beschützen will. Julien wiederum ist in Sara verliebt und will ihr unbedingt beweisen, dass seine Liebe jegliche mentalen und körperlichen Barrieren überwinden kann.

Wenn man in der Schweiz von internationalen Filmemachern spricht, darf ein Name nie fehlen: Marc Forster. Der wohl berühmteste Schweizer Regie-Export nach Hollywood beweist in White Bird erneut, dass er ganz grosse Kinomomente schaffen kann. In 120 emotionalen und fesselnden Minuten wechselt der Film zwischen den idyllischen, elsässischen Wäldern und dem Grossstadtdschungel New York hin und her und lässt nicht nur die Glockenblumen im Sonnenlicht, sondern auch die mit Liebe erfüllten Herzen der Figuren tanzen.

Der neue Film von Marc Forster basiert auf dem Buch «White Bird - Wie ein Vogel» von R.J. Palacio. Es ist nach dem 2017 mit Jacob Tremblay, Julia Roberts und Owen Wilson verfilmten Wonder bereits Palacios zweites Buch, welches den Sprung auf die Leinwand schafft. White Bird ist dabei ein Spin-Off von Wonder. Gewiefte Zuschauende erkennen vielleicht, dass Jungdarsteller Bryce Gheisar erneut in die Rolle des Julian schlüpft, dieses Mal jedoch als eine der Hauptfiguren. Zu Beginn der Geschichte wird auch kurz erwähnt, warum er von seiner alten Schule geflogen ist. Wir erinnern uns: Damals war er es, der Auggie gehänselt hatte.

Helen Mirren mag der bekannteste Name im Cast sein, die Filmikone hält sich jedoch trotz einer gewohnt tadellosen Leistung vornehm zurück und lässt den jungen Schauspieler:innen den Vortritt. Und das tut dem Film auch gut. Die Liebe zwischen Ariella Glaser, welche die Rolle der jungen Sara bravourös verkörpert, und Orlando Schwerdt, welcher als Julien Beaumier mit seiner Polio-Erkrankung seinen physischen Schmerz glaubhaft vermittelt, ist spürbar und mit jedem Blickkontakt der beiden absolut herzerwärmend. Die beiden Talente tragen den Film beinahe alleine und beweisen mit einer kindlichen Aufrichtigkeit, wie die wahre Liebe und der Mut, Grenzen zu durchbrechen, auch in der heutigen Zeit funktionieren kann.

Ein grosses Lob geht an die Adresse von Jem Matthews, welcher in der kleinen Rolle von Vincent regelrecht aufgeht und vom Sympathieträger zum wohl meistgehassten Charakter des Filmes mutiert. Unglaublich, wie man von allen Nazi-Soldaten den jungen Vincent am meisten fürchten muss. Chapeau!

Marc Forster nimmt uns auf eine Reise in die Vergangenheit mit, in welcher wir sogar einen Blick hinter die Kulissen eines Kinos werfen können. Zusätzlich lässt der Regisseur die verschiedenen Aspekte der Moral mehrmals aufblitzen. So stehen zum Beispiel die Werte des Mutes immer wieder im Mittelpunkt. Auch dass man das Buch nicht nach seinem Einband beurteilen soll, wird mehrfach aufgezeigt.

Alles in Allem schlägt sich der Film hervorragend und lässt die Zuschauer:innen, ob gross oder klein, an der Geschichte teilhaben. Einzig der titelgebende weisse Vogel, welcher leider etwas zu oft über die Leinwand flattert, lässt den Film etwas in die Länge gezogen wirken.

Sandro Götz [goe]

Sandro bringt seit 2021 für OutNow seine Worte auf den Bildschirm. Sein erster Kinofilm, «The Lion King», hat den Löwen in ihm geweckt. Seither liebt und lebt er alles, was mit dem Thema Film zu tun hat. Auch für Videospiele ist er stets zu begeistern und daddelt gerne auf Controllern rum.

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