Vom düsteren Comic zum Popkulturphänomen: «Jeder kennt die Hero Turtles», sang Frank Zander im deutschsprachigen Intro der ersten Zeichentrickserie. Trotz der beiden Michael-Bay-Produktionen zuletzt richten sich die vier kämpfenden Pizzaliebhaber aus New York seit den Neunzigerjahren vor allem an ein jüngeres Publikum. Umso erstaunlicher also, dass bisher nur einer der sechs Filmadaptionen ein Animationsstreifen war.
Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem bietet dem Titel entsprechend viele Mutanten, nimmt dabei aber vor allem das Teenageralter der Hauptfiguren als wichtigstes Kriterium. Leo, Raph, Donnie und Mikey verfolgen genau, wofür sich Gleichalterige in der Welt über der Kanalisation interessieren. Youtube und Social-Media-Apps haben dabei auch bei den mutierten Schildkröten das gute alte Fernsehen ersetzt. Während man bei Referenzen zu Adele und Forza Horizon noch einigermassen folgen kann, dürften ältere Generationen spätestens bei TikTok-Trends und K-Pop vorübergehend aussteigen.
Die vier Noch-nicht-Helden legen dazu eine Unbedarftheit an den Tag, die dem Superheldengenre zuletzt häufig fehlte. Die Teenager träumen nicht von der Rettung der Welt - wobei, insgeheim vielleicht schon ein wenig -, sondern von einem ganz normalen Schulalltag unter Menschen. Wären da nicht die mahnenden Worte von Ziehvater Splinter, der hier ein klassisches New Yorker Elternteil darstellt und keinen Ninja-Meister, Menschen sind Monster und für Mutanten brandgefährlich.
Hand in Hand mit der inhaltlichen Modernisierung der Turtles geht der neue Animationsstil. Hier darf über den Rand gemalt werden, Actioneffekte entladen sich in einfachen Zacken und Kringeln und verwaschene Farben erinnern an ein Comicbuch, welches zum Leben erwacht. Schnitte folgen der Narration und dem Humor. So wird etwa ein einfacher Supermarkteinkauf zu einem intensiven Raubzug. Dazu gesellen sich mehr als eine gelungene Montage, die Zeit und Orte miteinander verbinden. Es ist eine äusserst ansehnliche und liebevolle Animationsarbeit, die hier dem Publikum präsentiert wird - auch wenn der Film nicht das absurd hohe Niveau eines Spider-Man: Across the Spider-Verse erreicht.
Und auch wenn die Superheldengeschichte über einen Bösewicht mit einer gemeinsamen Vergangenheit endlich in Gang kommt, traut sich Mutant Mayhem ein Stück weit vom bekannten Weg abzuweichen. Einerseits hat man mit Superfly keinen TMNT-Schurken aus der ersten Reihe, andererseits überrascht das grosse Mutantenteam mit seiner Offenheit gegenüber den Turtles. Dabei bleibt auf dem Weg zum Actionfinale stets noch Zeit für einen gelungenen Gag, von denen es reichlich im Drehbuch der beiden Hollywoods-Kindsköpfe Evan Goldberg und Seth Rogen gibt. So ist Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem am Ende ein gelungenes Reboot, in dem viele Ideen und Herzblut stecken, welches das Rad aber auch nicht neu erfindet.