Des Ghostfaces liebste Waffe war seit jeher das Messer. Dutzende von Opfern haben über fünf Filme auf äusserst unangenehme Art und Weise damit Bekanntschaft gemacht. Doch im sechsten Teil darf der Killer hinter der Maske auch mal mit einer Shotgun hantieren - immerhin befindet man sich hier nicht mehr im beschaulichen Woodsboro, sondern auf dem harten Pflaster von New York. Während Ghostface also aus allen Rohren feuert, dürften sich die Fans im Vorfeld vor allem etwas gefragt haben: Handelt es sich bei dieser Fortsetzung des erst letztjährigen Scream etwa um einen Schnellschuss?
Eine durchaus berechtigte Frage, weil die Scream-Saga neben Mord und Totschlag ja auch dafür bekannt ist, Genrekonventionen und neuste Horrortrends genüsslich aufs Korn zu nehmen. Gibt es denn immer noch Dinge, die in den vorherigen fünf Filmen noch nicht behandelt wurden? Die Drehbuchautoren James Vanderbilt und Guy Busick, die auch den Vorgänger geschrieben haben, bejahen diese Frage, indem sie das Konzept des Franchises ins Visier nehmen, wo eben nicht mehr der einzelne Charakter zählt, sondern die Reihe grösser als alles andere ist. So sind dann selbst heissgeliebte Lieblingsfiguren plötzlich nicht mehr sicher, was unter anderem Star-Wars- und Marvel-Fans in den letzten zehn Jahren schmerzhaft erfahren mussten. Das gibt Scream VI durchaus Spannung, denn den in Teil fünf vorgestellten Figuren würde man eigentlich gerne noch etwas länger zuschauen.
Auch die immer mehr grassierende Franchise-Müdigkeit spricht Scream VI an - und leidet selbst daran. Viel Neues ist hier nicht zu sehen. Cool sind jedoch die ersten zehn Minuten, welche die Erwartungen des Publikums herrlich unterlaufen. Doch danach läuft Scream VI lieber fast schon eine Spur zu selbstverliebt - mit Hilfe der klassischen Music Cues und Easter Eggs - auf den bekannten Pfaden und würzt die Geschichte oberflächlich mit aktuellen Themen wie Verschwörungstheorien, Rufmord und Internet-Idioten. Ja, man kann darin natürlich auch einen Kommentar sehen, wie Hollywoodstudios verzweifelt versuchen, ein Franchise irgendwie am Leben zu erhalten. Es ist meta, aber gut wird es deshalb noch lange nicht.
Sehr gut sind jedoch die Kills, die zu den brutalsten der Reihe gehören und die ordentlich durchzuschütteln vermögen. Eine - in den Trailern fast schon zu Tode vermarktete - U-Bahn-Szene ist ebenfalls effektiv umgesetzt, und die Rückkehr von Hayden Panettiere als Fan-Favoritin Kirby Reed macht ebenfalls Laune. Es gibt zudem kurz eine Szene aus dem achten Friday the 13th zu erblicken, wo bekanntlich schon Jason New York einen Besuch abstattete. Es gibt also für Horrorfans viel zu mögen und zu entdecken bei Scream VI. Nur sollte der unausweichliche siebte Teil nicht nur die Franchise-Müdigkeit ansprechen, sondern auch, was dagegen unternommen wird. Sonst schreit dann irgendwann niemand mehr nach Scream.