Riverboom (2023)

Riverboom (2023)

  1. 99 Minuten

Filmkritik: Invictus

19. Zurich Film Festival 2023
Fieber messen
Fieber messen © Intermezzo Films

Plötzlich findet sich Claude Baechtold in Afghanistan wieder. Nicht ganz freiwillig lässt er sich dazu überreden, die beiden Kriegsreporter Serge Michel und Paolo Woods zu begleiten. Sie fertigen ihm eine Presse-Akkreditierung als TSR-Journalist an. Im Auftrag der französischen Zeitung Le Figaro fahren sie für eine Artikelserie eine längere Rundstrecke im Land am Hindukusch ab. Wir schreiben das Jahr 2002, und Afghanistan befindet sich im Aufbruch. Die Amerikaner haben das Land von den Taliban befreit, und die Aussicht auf Demokratie erfüllt die Menschen mit viel Hoffnung und Zuversicht.

Kuschen am Hindukusch
Kuschen am Hindukusch © Intermezzo Films

Claude Baechtold kauft auf einem Basar in Kabul eine Videokamera und hält auf zahlreichen Bändern die Reise fest, die rund zwei Monate dauert. Najib, ein junger Afghane, ist als Fahrer auf dem Trip mit dabei. Das Quartett begegnet auf seiner Fahrt vielen Menschen. Während der Gespräche im Auto sorgen die kulturellen Unterschiede immer wieder für amüsante Situationen.

Claude Baechtold hat aus den zahlreichen Videobändern einen unterhaltsamen Roadtrip zusammengestellt. Die Situationskomik bei den unzähligen Begegnungen der drei Journalisten zaubert mehrere Male ein Lächeln auf die Lippen des Publikums. Die Begegnungen der drei mit den Afghanen bilden den Kern dieses Dokumentarfilms. Für einen abendfüllenden Streifen braucht es aber mehr Fleisch am Knochen.

Riverboom ist ungeplant entstanden. Das Potenzial und das Risiko für einen improvisierten Streifen halten sich dabei die Waage. Spontane Situationskomik geben diesem Dokumentarfilm viel Schwung und Leichtfüssigkeit. Der präzise rote Faden reisst aber immer wieder, und oft zeigt Baechtold unverbindliche und seichte Diskussionen der drei Journalisten im Auto, die in keine Richtung gehen.

Das Timing des Films hat sich schlussendlich aber gut ergeben. Als Baechtold 2002 wieder nachhause kam, liess er die zahlreichen Videobänder digitalisieren. Diese gingen aber sofort verloren, und erst vor kurzem bekam der Regisseur einen beiläufigen Anruf mit der Frage, ob er die Aufnahmen noch brauche. Mit diesem Film gibt er nun die Antwort.

Die Aufbruchstimmung in Afghanistan gleich nach der Jahrtausendwende steht in krassem Kontrast zur heutigen Situation. Damit dokumentiert Baechtold etwas, woran zuerst die Sowjetunion und danach die westliche Allianz unter der Federführung der Vereinigten Staaten gescheitert sind. Afghanistan lässt sich nicht erobern, und auch Baechtold gelingt es nicht, die Gründe dafür genau zu verstehen.

Immer wieder tauchen Aufnahmen auf, die dem Publikum ein Afghanistan hinter den Kulissen zeigen, das der breiten Bevölkerung bislang verborgen war. Dieser Roadtrip in Afghanistan war von Anfang an mit grossen Risiken verbunden. Mehr als einmal müssen sich die drei Journalisten auf ihrer Autofahrt bei gelegentlichen Spaziergängen vor Minen in Acht nehmen. Der Dokumentarfilm gewährt spannende Einblicke in ein sehr komplexes Land, aber gegen das Ende des Werks ist viel Sand aus dem Hindukusch im Getriebe, und der Film kommt nur noch schleppend voran.

Giancarlo Schwendener [gia]

Giancarlo ist James Bond 15 Jahre lang auf Augenhöhe begegnet. Mit dem Abgang von Daniel Craig ist damit vorerst Schluss. Er liebt die grosse Anzahl an tollen Filmen, aber die Fab Five stehen für ihn eine Stufe höher: Sergio Leone, Marlon Brando, Robert De Niro, Sean Connery und Quentin Tarantino.

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Der Film läuft aktuell an folgenden Tagen in den Schweizer Kinos:

Ausserdem kannst du ihn Openair sehen, das nächste Mal am 4. Juli 2025.

Trailer Französisch mit deutschen Untertitel, 1:50 © First Hand Films