Der Pfau (2023)

Der Pfau (2023)

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  3. 106 Minuten

Filmkritik: Die Vögel der Wallstreet

«Das kann sie ja wohl kaum ernst meinen!»
«Das kann sie ja wohl kaum ernst meinen!» © Praesens Film

Es verspricht ein beschauliches Teambuildings-Seminar im schottischen Herrenhaus von Lord und Lady McIntosh (Philip Jackson & Victoria Carling) zu werden, würde nicht bereits vor der Ankunft so einiges aus dem Ruder laufen: Die Top-Banker Andreas (Tom Schilling) und Bernhard (Serkan Kaya) schielen auf den Posten ihrer Vorgesetzten Linda (Lavinia Wilson). Diese wiederum versucht, gemeinsam mit der Supervisorin Rebecca (Svenja Jung), die schlechte Vorjahresbilanz vergessen zu machen. Ebenfalls mit von der Partie sind der Neuling David (David Kross), der Banker Jim (Jürgen Vogel) und die Köchin Helen (Annette Frier).

Bang, Bang
Bang, Bang © Praesens Film

Bald schon verbreitet sich das Gerücht, ein Compliance-Mitarbeiter wolle jemanden aus dem Team entlassen. Nach der Ankunft verhält sich der Pfau des Herrenhauses äusserst seltsam und attackiert alles blaue. Zudem erweisen sich die Methoden der Seminarleiterin Rebecca als chaotisch und bringen das Teamgefüge kaum zusammen. Zudem kündigt sich ein starker Schneesturm an. Als kurze Zeit später erst der aggressive Lieblingspfau des Lords und dann die geliebte Gans der Lady McIntosh verschwinden, beginnt ein munteres Rätselraten um den Verbleib der beiden Vögel.

«Wer war's denn?» Diese zentrale Frage eines jeden Krimis versucht auch Der Pfau zu beantworten. In diesem Fall leider viel zu schnell und überhastet, sodass die restliche Spielzeit mit seltsamen Aufklärungsversuchen und zwischenmenschlichen Strapazen dauergestresster Banker gefüllt werden muss. Dies erweist sich als zwar phasenweise interessant, hinsichtlich seines Unterhaltungswertes aber über weite Strecken sehr überschaubar.

«Teamwork makes the dream work»: Getreu diesem Motto trifft sich eine Gruppe von Investmentbankern, deren Chefin und eine Supervisorin für einen Teambildungs-Anlass in Schottland. Wer sich nun sogleich an den 2015 erschienenen Outside the Box erinnert fühlt, sei beruhigt: Der Pfau handelt die praktisch identische Prämisse wie eben genannter Film ab: Banker-Schnösel in der freien Natur und einem somit ihnen fremden Terrain. Bilanzen, Aufstiegschancen und das eigene überdimensionale Ego sind alles, was sie interessiert.

Der Pfau spielt erstmal diese Karte aus, macht aus dem Teamanlass mit dem vermeintlich über ihm schwebenden Damoklesschwert einer drohenden Entlassung dann jedoch ein Whodunit, dessen Ausgang sich bereits in der ersten Viertelstunde vollständig klärt. Die eigens mitgereiste Köchin, welche als Erzählstimme aus dem Off fungiert, verrät bereits ganz zu Beginn das, was sich erst am Ende hätte herauskristallisieren dürfen: Rund ein Drittel der Anwesenden weiss also ganz genau, was geschah, und doch rätseln die restlichen Gäste und Hausangestellten munter weiter, wer mit dem Ableben des Pfaus in Verbindung gebracht werden müsse. Diese auf Interpretation und Annahmen basierende neue Ausgangslage führt zu komischen Folgehandlungen, die mal mehr, mal weniger gefallen oder Spass machen beim Zusehen. So führen teilweise einfache, unaufgelöste Behauptungen dazu, dass die Story am Leben bleibt, was dann doch recht konstruiert daherkommt.

Spannung kommt in der gesamten Geschichte kaum auf, da helfen auch mysteriös eingeblendete Namen der Protagonistinnen und Protagonisten, untermalt von gruseligen Klängen, nicht mehr weiter. Und nicht nur das, auch die Dialoge sind wenig gewieft und kommen ab und an sehr plump daher; freche Sprüche (gerade von Annette Frier als Köchin) wirken kaum wie ein natürlich geführter Dialog zweier Personen. Immerhin: Optisch gibt Der Pfau etwas her. Die Vogelperspektiven des Anwesens mit den Überflügen zu vereinzelten Zimmern und Teilen des Herrenhauses wissen zu gefallen. Dazu kommen einige Drohnen-Aufnahmen und eine gelungene Grundstimmung der Abgeschiedenheit der Protagonisten und Protagonistinnen, welche sich durchaus sehen lassen können. Grundsätzlich leidet der Film an der zu frühen Auflösung des Kriminalfalls. Dass dies durchaus funktionieren kann, hat uns 2019 ein Beispiel gezeigt, das erst jüngst eine Fortsetzung erhalten hat.

Yannick Bracher [yab]

Yannick ist Freelancer bei OutNow seit Sommer 2015. Er mag (Indie-)Dramen mit Sozialkritik und packende Thriller. Seine Leidenschaft sind Filmfestivals und die grosse Leinwand. Er hantiert phasenweise noch mit einem Super-8-Projektor und lernt die alten Filmklassiker kennen und schätzen.

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