John Wick: Chapter 4 (2023)

John Wick: Chapter 4 (2023)

John Wick: Kapitel 4
  1. , ,
  2. 169 Minuten

Filmkritik: Im Kugelhagel durch die Welt

Unfairer Kampf… für den Mann mit der Ganzkörperrüstung und dem Maschinengewehr.
Unfairer Kampf… für den Mann mit der Ganzkörperrüstung und dem Maschinengewehr. © Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.

John Wick (Keanu Reeves) hat eine grosse Wut im Bauch. Nachdem er von der Hohen Kammer gejagt und von seinem Verbündeten Winston (Ian McShane) erschossen worden ist, schwört er Rache. John plant, alle Mitglieder der Hohen Kammer aufzuspüren und zu töten, damit er endlich Frieden finden kann. Doch das ist gar nicht so einfach. Fast jeden Tag steigt das Kopfgeld, was clevere Killer wie Tracker (Shamier Anderson) auf den Plan ruft. Dieser wartet nur darauf, dass das Kopfgeld weiter steigt, damit er sich nach Abschluss des Auftrags zur Ruhe setzen kann.

So ein cooler Typ, da färbt sich gleich die Umgebung grün vor Neid.
So ein cooler Typ, da färbt sich gleich die Umgebung grün vor Neid. © Ascot Elite Entertainment Group. All Rights Reserved.

Doch es sind nicht nur Freiwillige, die sich an Johns Fersen heften. Der von der Hohen Kammer beauftragte Marquis de Gramont (Bill Skarsgård) erpresst den blinden Killer Caine (Donnie Yen), der eine gemeinsame Vergangenheit mit John hat. Wenn Caine nicht gehorcht, bringt er damit seine kleine Tochter in Gefahr. Eine wilde Hetzjagd rund um den Globus nimmt ihren Lauf.

Im vierten Teil zünden Franchise-Star Keanu Reeves und Regisseur Chad Stahelski erneut ein perfekt inszeniertes Action-Feuerwerk sondergleichen. Die Einführung von zwei Gegenspielern, deren Beweggründe nachvollziehbar sind, wirkt clever der drohenden Spannungslosigkeit entgegen, da John Wick mal wieder unbesiegbar scheint. Besonders die Antwort auf die Frage, wer von diesen drei Figuren am Ende noch steht, macht John Wick: Chapter 4 trotz Längen zum Must-watch für alle Actionfans.

Die alte Hollywood-Doktrin, dass man bei jedem Sequel dem Publikum «mehr» bieten muss, wenden die Macher der John-Wick-Saga nicht nur bei der Anzahl Actionszenen, sondern auch bei der Laufzeit an. War der Erstling - auch aus Budgetgründen - noch ein 101-minütiger, gradliniger und simpler Kracher, ist das vierte Kapitel nun ein 169 Minuten langes Action-Epos, das sich unter anderem vor der asiatischen Kampfkunst und Italowestern-Grossmeister Sergio Leone verbeugt.

So breit wie das Ganze ausgewalzt wird, könnte man hier fast von «Overkill» reden - natürlich auch wegen der Anzahl Personen, die Keanu Reeves' Antiheld mit der bekannten Präzision ins Jenseits schickt. Auch der vierte Teil ist eine gloriose Aneinanderreihung von Actionszenen, wobei wir uns um die Titelfigur eigentlich nie richtig Sorgen machen müssen. Was Wick wieder alles überlebt und wie unfähig der Grossteil der gesichtslosen Assassinen agiert, ist hochgradig unglaubwürdig. Der Spannung hilft dies nicht gerade - was bei einem Film dieser Länge fatal ist.

Es ist deshalb den Drehbuchautoren Michael Finch und Shay Hatten hoch anzurechnen, dass sie zwei neue Figuren einführen, die den Film interessanter machen. Mit Shamier Andersons gewitztem Tracker und Donnie Yens sehr coolem Caine - wie die Figur des Schauspielers in Rogue One ein blinder Mann - bekommt es Wick mit zwei Gegnern zu tun, denen man durchaus die Daumen drückt.

Da sich die Lage gegen Ende immer mehr zuspitzt, entwickelt «Chapter 4» eine in der Reihe bisher nicht gekannte Intensität auf der Spannungsebene. Anteil daran hat auch Bill Skarsgård, der nach seinem Pennywise in It hier erneut eine fiese Figur verkörpert. Sein Marquis mag zwar rein physisch ein Würstchen sein, aber die Macht und die Ressourcen, hinter denen er sich versteckt, machen ihn auch wegen Skarsgårds schelmischen Grinsens so richtig hassenswert.

Trotzdem sind die 169 Minuten nicht abschliessend zu rechtfertigen. Ein nach Berlin führender Umweg ist ziemlich unnötig, und wenn ein Hindernis gleich zweimal hintereinander bewältigt werden muss, gibt das irgendwann keine Adrenalinschübe mehr, sondern führt eher zur Ermüdung. Doch jeder abfallenden Actionsequenz steht mindestens eine gegenüber, die zu den besten der Reihe gehört. Herauszuheben sind ein virtuoses Gefecht in Osaka, ein brachialer Häuserkampf mitten in Paris und eine höllische Kreisverkehrsszene, zu der es nur kommt, weil Reeves wie schon Tom Cruise in Mission: Impossible Fallout beim Arc de Triomphe das mit dem Rechtsverkehr nicht so genau nimmt.

Inszeniert ist das alles vorzüglich. John Wick: Chapter 4 ist von den Bildern und dem Sounddesign her der bisher schönste Film der Reihe und verdient die grosse Leinwand sowie ein Audiosystem, das man wie bei This Is Spinal Tap auf 11 hochschrauben kann. Jetzt gilt es einfach langsam zu bremsen. Denn dieser Teil ist fast schon des Guten zu viel und bei einem nächsten, wohl über dreistündigen Film hätten wir dann definitiv den «Overkill».

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

  1. Artikel
  2. Profil
  3. E-Mail
  4. Twitter
  5. Instagram
  6. Letterboxd

Kommentare Total: 4

sma

«That is cinema.» - Martin Scorsese

philm

Danke für die ausführliche Kritik und vor allem den Hinweis auf die Überlänge und den Overkill.
Transformer Reihe war am übelsten. Immer mehr Lärm um die immer dünnere Story zu kaschieren.
Ich warte deshalb auf eine gekürzte Fassung ;)
Ich fand Teil 3 schon bild- und actiongewaltig, aber das einfach Rumgeballere beim Vorbeirennen schon langweilig. Völlig unnötig. War beim letzten James Bond leider am Schluss auch der Fall. Dadurch verlieren die Filme einen halben Stern

roj

Macht Spass, aber definitiv zu lang!

Kommentar schreibenAlle Kommentare anzeigen