Sie wohnt zwar in einer Schuhschachtelwohnung, aber als Teil des irischen Prekariats lässt sich Flora von niemandem einengen. Mal klaut sie sich ein Nötli aus dem Portemonnaie ihrer Arbeitgeberinnen als selbstauferlegten Bonus für die Kümmer-Arbeit. Mal geigt sie dem Ex-Mann die Meinung über seine Neue. Jeden Abend chlöpft es zudem mit ihrem Sohn, wenn die beiden kriegsähnlich Znacht- und andere Pläne für ihre gemeinsame Wohnsituation diskutieren sollten.
Was eine bittere Kitchen-sink-Figur hätte werden können, wird mit der plapperhaften Chuzpe, mit der Eve Hewson diese Flora spielt, eine begeisternde Darstellung mütterlicher Ermächtigung. Und weil John Carney Drehbuch und Regie übernimmt, spielt dabei die Musik eine tragende Rolle. Es ist zuerst nur eine Gitarre aus dem Müll, die aber bald schon einen transatlatischen Online-Flirt für Flora zur Folge hat - mit Gordon-Lewitt als kalifornischem Sunnyboy im Holzfällerhemd. Und nebenbei auch gleich noch viele andere Brüche in Floras Familien-Situation kittet - dank dem richtigen Ton, den hier alle plötzlich anschlagen, und der so anders ist als die Konfrontationen zu Beginn.
Bei Carney singen sich die Figuren aus jedem Schlamassel. Aber der Musikfachmann kann auch als Autor schnell, präzis und unterhaltsam Sachverhalte klären und Figuren zeichnen: beispielsweise, wenn Flora im Schnelldurchlauf ihren Online-Tutor castet; wenn ihr Ex Ian in der Beiz das richtige Getränk vor 12 Uhr bestellen muss; oder in den unterschiedlichen Behördengängen, die Flora wegen ihres vermeintlich unerzogenen Sprösslings bei Polizei und Justiz hinter sich bringen muss.
Ob man die Songs im Film mag, ist Nebensache. Der Rap von Orén Kinlan zum Beispiel ist supercheesy - aber er bekommt damit zumindest mal die Chance, die Influencer-Chicks anzuquatschen im Innenhof der irischen Blocksiedlung, in der Flora and Son meist spielt. Auch da heiligt der Zweck die Mittel. Denn der Optimismus in Carneys Sozio-Musical ist so simpel wie ansteckend, davor sind auch Folkrock-Muffel nicht gefeit.