Daaaaaali! (2023)

  1. ,
  2. 77 Minuten

Filmkritik: Die Diva diktiert

80. Mostra Internazionale d'Arte Cinematografica 2023
Trotz toller Kulisse: Das Gesprächs-Abbruch-Risiko schwingt immer mit.
Trotz toller Kulisse: Das Gesprächs-Abbruch-Risiko schwingt immer mit. © Atelier de production

Die junge Journalistin Judith (Anaïs Demoustier) möchte den katalanischen Maler Salvador Dalì (Édouard Baer) interviewen. Der entpuppt sich aber als heikler Gesprächspartner. Er trinkt nur Mineralwasser mit Sprudel und ist überhaupt nicht angetan vom Hotel, in dem man sich trifft. Und als er merkt, dass sein Interview nicht einmal gefilmt wird, zieht er beleidigt von dannen.

Judith gibt nicht so leicht auf und organisiert mit ihrem Produzenten Jérôme (Romain Duris) die grösste Filmkamera, die man auftreiben kann - und lädt Dalì nochmals ein. Um sicherzugehen an einen Strand. Doch diesmal zerstört Dalì bei der Anfahrt die Kamera mit seinem Rolls Royce. Wird Judith je zu ihrem Interview kommen?

Da haben sich zwei gefunden. Neo-Surrealist Quentin Dupieux und Salvador Dalì, der Urheber einiger Klassiker des surrealistischen Films, sind Brüder im Geiste - und wären wohl gute Freunde geworden, wenn sie Zeitgenossen wären. Nun macht aber der eine ein Non-Biopic über den anderen, das letzterem sicherlich gefallen hätte. Ein durchgeknalltes Gaudi voller Running Gags. Tribut und Persiflage zugleich.

Daaaaaalì ist eine Hommage an den grossen Meister des Surrealismus. Quentin Dupieux persifliert und verehrt Salvador Dalì so sehr, dass ein Darsteller schon mal nicht ausreicht. Gemäss Abspann spielen gleich fünf Darsteller den Maler. Einer gekünstelter als der andere und in so schnellem Wechsel, dass man irgendwann aufgibt, sie ordentlich auseinanderzuhalten. Der irre Schnauz, die Betonung auf jede einzelne Silbe beim Sprechen und die blasierte Gockelhaftigkeit bleiben sowieso identisch.

Dupieux schlägt sein Herzensobjekt quasi mit den eigenen Waffen. Er stellt Dalìs Kunstwerke nach und loopt die Handlung mit Traum-in-Traum und Film-in-Film oder Film-im-Traum und Traum-in-Film. Man muss nicht lange TV-Interviews mit Dalì bei Youtube suchen, um zu verstehen, woher Dupieux seine Inspiration hatte. Dalì, der Clown, funktioniert. Vor allem in seiner Spätphase war Dalì eher Performance-Künstler als Kunstmaler. Seine bildende Kunst wird zwar im Film auch zitiert («Fontaine nécrophilique coulant d'un piano à queue»), aber der Fokus liegt auf praktischen Streichen. Figuren laufen in eine Röhre rein und kommen anderswo wieder raus. Oder sie durchwandern surreal (!) lange einen Hotelgang. Das sind billige, aber effektive Gags.

Anaïs Demoustier kann einem leidtun. Es muss schwer gewesen sein, Gesichtszüge im Griff zu behalten mit solch overactenden Dalìs als Gegenüber. Demoustier ist aber nur scheinbar die Nebendarstellerin. Sie ist fürs Gelingen des Films als Guide genauso wichtig wie die braune Farbgebung und die archaische Technik, die immer wieder auftaucht. Daaaaaalì ist brüllend komisch. Für die, welche es surreal mögen, sowieso. Alle anderen könnten Fans werden.

Roland Meier [rm]

Roland sammelt 3D-Blu-rays, weil da die Publikationen überschaubar stagnieren, und kämpft im Gegenzug des Öfteren mit der Grenze der Speicherkapazität für Aufnahmen bei Swisscom blue TV. 1200 Stunden Film und Fernsehen ständig griffbereit sind ihm einfach nicht genug.

  1. Artikel
  2. Profil
  3. E-Mail
  4. Twitter