Creed III (2023)

Creed III (2023)

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  2. 116 Minuten

Filmkritik: Kein Box(en)stopp geplant

Eine Frisur stiehlt die Show (R)
Eine Frisur stiehlt die Show (R) © MGM / Warner Bros.

Eigentlich wollte Adonis Creed (Michael B. Jordan) seine Boxhandschuhe ja an den Nagel hängen und sich auf das Fördern neuer junger Talente wie Felix Chavez (Jose Benavidez) konzentrieren, den er gegen Rivalen Drago antreten lässt. Mit seiner Familie lebt Creed in einer schicken Luxusvilla mit Pool und Weitsicht über das gesamte Los Angeles. Den Ring scheint er aber trotz dieses erfüllten Lebens dennoch zu vermissen.

Breiter als ein PAX
Breiter als ein PAX © MGM / Warner Bros.

Plötzlich taucht Jugendfreund Damien (Jonathan Majors) auf. Dieser kommt frisch aus dem Gefängnis. Bei seiner Verhaftung damals hat Creed auch eine kleine Rolle gespielt, und so scheint er ihm noch einen Gefallen zu schulden. Damien möchte nämlich seine eigene Karriere als Boxer starten, und dazu braucht er die Unterstützung des Superstars, der eigentlich schon zurückgetreten ist.

Creed III beeindruckt weniger als achtes Sequel einer endlosen Reihe, sondern als solides Regiedebüt von Michael B. Jordan. Während er sich bei den mit Imax-Kameras gefilmten Boxkämpfen gerne mal mit unnötigen stilistischen Gimmicks verliert, passieren die spannendsten Szenen, wie so oft, ausserhalb des Ringes. Und mit Jonathan Majors hat er sich einen perfekten Sparring-Partner ausgesucht, der sogar die Abwesenheit von Sylvester Stallone erträglich macht.

Jonathan Majors ist der Shootingstar der Stunde, und die Macher von Creed III haben ihn gerade zum perfekten Zeitpunkt gecastet. Der Hype kommt nicht von ungefähr, denn der charismatische Schauspieler bringt das gewisse Etwas mit, das den doch herkömmlichen Plot zu einem packenden Drama macht. Sein Damien ist nicht nur ein physisch einschüchternder Gegner, sondern bringt auch viel Emotionalität mit. Dies hat zur Folge, dass die Figur von Adonis plötzlich in die Rolle des Antagonisten gedrängt wird, was leider aber bereits im zweiten Akt wieder mutlos zunichte gemacht wird.

Michael B. Jordan gab sich diesmal nicht nur mit der Titelrolle zufrieden, sondern setzte sich auch gleich noch auf den Regiestuhl. Dieser Sprung gelingt ihm beeindruckend gut, und er inszeniert die Hollywood Hills ebenso bildstark wie die tobenden Massen in der Krypto-Arena. Doch weder Trainingsmontagen noch blutende Nasen im Boxring sind so spannend wie die Charaktermomente und die Spannungen zwischen den Figuren. Dies galt, bis auf Rocky IV, schon immer für die wirklich guten Filme der Reihe. Pathos und Kitsch gehören nun einmal zu jedem erfolgreichen Sportfilm, und Creed III bietet beides im grossen Stil.

Wie lange die Formel noch funktioniert, bleibt abzuwarten. Es ist zu bezweifeln, dass Creed als Figur jemals den Kultcharakter seines Vorgängers erreichen wird, dessen Namen man etwas unelegant in den deutschen Titelzusatz packte. Als Abschluss einer Trilogie würde sich Creed III gut eignen. Und zudem werden die römischen Zahlen mit höheren Werten ja immer komplizierter.

Marco Albini [ma]

2003 verfasste Marco seine erste Kritik auf OutNow und ist heute vor allem als Co-Moderator des OutCast tätig. Der leidenschaftliche «Star Wars»-Fan aus Basel gräbt gerne obskure Genrefilme aus, aber Komödien sind ihm ein Gräuel.

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Kommentare Total: 4

oscon

@Chiefsan:Nein ist kaum konservativ! Hier wird marketing-technisch mit dem Slogan «Rockys Legacy» «gemogelt» und der Zuschauer getäuscht. Stallone mag alt sein, wirksame Drehbücher zu schreiben gelingt ihm alle Male noch. Wenn man nun weiss, dass eine Idee von Stallone für den 3.Teil vorlag (und man sich den genialen Fanservice des 2. Teils anschaut), finde ich es einfach nicht in Ordnung mit einer erfolgreichen Film Figur zu werben, die dann gar nicht (oder nur sehr marginal) Bestandteil des Filmes ist !

Chiefsan

@oscon: ist eine ziemlich konservative Haltung, nicht? Es steht ja eben nicht nur Rocky drauf, sondern auch Legacy. Sprich, es geht nicht primär um Rocky, sondern eben um seine Legacy. Also nein, da muss doch sicher nicht zwingend Stallone mit drin sein. Den Film allein deswegen nicht anzuschauen, ist doch ein bisschen kleinlich. Und wenn du dich bei den ersten beiden Creed-Filmen als zur Zielgruppe zugehörig empfunden hast, warum denn plötzlich nicht mehr bei Teil 3?

oscon

Ein Film mit dem Untertitel «Rocky's Legacy» ohne Sly Stallone ?? Merkwürdig, denn wo «Rocky» draufsteht, muss zwingend Stallone drin sein ! Schade, fand die ersten beiden Creed Filme mit den Jungschauspieler UND Stallone richtig richtig gut ! Diesen Film werde ich mir nicht anschauen, gehöre schätzungsweise (älter und weiss) aber auch nicht zum Zielpublikum ?

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