Cat Person (2023)

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  3. 120 Minuten

Filmkritik: Mein Freund, das Mobiltelefon und ich

39th Sundance Film Festival
Boy meets Girl - aber mit welchen Konsequenzen?
Boy meets Girl - aber mit welchen Konsequenzen? © Courtesy of Sundance Institute

Margot (Emilia Jones) geht noch aufs College und jobbt nebenbei an einer Kinokasse. Dort fällt ihr der Stammgast Robert (Nicholas Braun) auf, der einiges älter ist als sie. Aus unbeholfenen Flirts über die Theke hinweg wird bald eine Art Beziehung, die mittels unzähliger SMS zelebriert wird. Man tastet sich aneinander heran, stolpert aber immer wieder über Red Flags und peinliche Momente beim gegenseitigen Kennenlernen via Chat.

Am Schirm klebend: Das Texting artet aus.
Am Schirm klebend: Das Texting artet aus. © Courtesy of Sundance Institute

Taylor (Geraldine Viswanathan), die beste Freundin von Margot, macht sich derweil bereits grosse Sorgen wegen des «bärtigen Giganten», wie die zwei Robert mittlerweile nennen. Aber Margot ist trotz allem erpicht darauf, Robert noch besser kennenzulernen. Ein erstes richtiges Date soll Klarheit schaffen, ob er wirklich der Traumprinz ist, der er möglicherweise sein könnte.

Ein Zitat von Margaret Atwood («Der Report der Magd») illustriert das Dilemma: «Männer haben Angst, dass Frauen über sie lachen könnten. Frauen haben Angst, dass Männer sie töten könnten». Wie diese These das Dating erschwert, zeigt Cat Person, indem der Film die Sympathien für den Mann und die Frau geschickt steuert. Eine äusserst unterhaltsame Momentaufnahme der heutigen Zeit zum Kampf aller Geschlechter, die richtige Person für den gerade aktuellen Lebensabschnitt zu finden.

Es war 2017, als eine Kurzgeschichte aus der Wochenzeitschrift «The New Yorker» es schaffte, in den sozialen Medien heftig geteilt zu werden. Kristen Roupenians Essay über ein missglücktes Liebesabenteuer war gerade so lang, dass er die Aufmerksamkeitsspanne der Twitterati nicht allzu arg strapazierte. Vor allem waren die qualvollen Details der Liaison zwischen einer Studentin und einem Überdreissigjährigen so lebensecht beschrieben, dass viele darin ihre eigenen Date-Stolperer wiedererkannten. Ein viraler Hit war geboren.

Im zwangsläufig folgenden Film besetzt The Spy Who Dumped Me-Regisseurin Susanna Fogel das tragisch-komische Paar mit Emilia Jones (Coda) und Nicholas Braun (Succession) perfekt. Jones' treuherziges College-Girl ist gefangen in den eigenen Ansprüchen an seine Partner und dem Zwang, freizügiger zu sexten; während der Zwei-Meter-Mann Braun seine Traumfrau im echten Leben elegant erobern möchte, und sei der Altersunterschied noch so gesellschaftlich inakzeptabel.

Die Romcom, die sich daraus entwickelt, läuft böse schief, was sich in unangenehm komischen Kuss- und Sexszenen zeigt, die so gar nicht ins zuckersüsse Genre passen wollen. Cat Person nimmt nicht nur seinen Anfang in einem Kinofoyer, sondern die Geschichte weiss auch immer wieder filmisch und kinogeschichtlich zu überzeugen, indem sie Suspense in eigentlich harmlosen Situationen wie in Autos und Labors erzeugt, oder die Heldenfiguren aus Harrison Fords Oeuvre kritisch hinterfragt. Ein willkommenes Extra zum Essay, der auch um einen intensiven dritten Akt mit Feuer und Pfefferspray ergänzt wurde fürs Kino.

Dadurch entsteht eine geschickte Sympathiesteuerung beim Zuschauen. Zwar erzählt - wie in der Vorlage - eine «Sie» die Geschichte, aber das «Er» bleibt ambivalent, und man weiss nie, woran man bei beiden ist. Anders als weibliche Rache-Filme wie Promising Young Woman, die sich auch mit toxischer Männlichkeit befassen, ist der Mann hier nicht der totale Unsympath. Cat Person dechiffriert Machtverhältnisse in Beziehungen nicht einseitig und sehr unterhaltsam, und bietet gerade deshalb einige Denkanstösse zu Themen wie Ablehnung, Schönheitsidealen und gegenseitigem echten Interesse.

Roland Meier [rm]

Roland sammelt 3D-Blu-rays, weil da die Publikationen überschaubar stagnieren, und kämpft im Gegenzug des Öfteren mit der Grenze der Speicherkapazität für Aufnahmen bei Swisscom blue TV. 1200 Stunden Film und Fernsehen ständig griffbereit sind ihm einfach nicht genug.

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