The Whale (2022)

The Whale (2022)

  1. 117 Minuten

Filmkritik: Der Wal hat eben doch eine Wahl

79. Mostra Internazionale d'Arte Cinematografica 2022
Jetzt kommt es richtig dicke.
Jetzt kommt es richtig dicke. © A24

Der fettleibige Englischlehrer Charlie (Brendan Fraser) scheint auf den ersten Blick eine gescheiterte Existenz. Er leidet an Fressattacken und bewegt sich nur noch zwischen Bett und Sofa. Seine Pflegerin Liz (Hong Chau) kommt hin und wieder vorbei und schaut nach dem Rechten. Als sie bei Charlie extremen Bluthochdruck misst, verweigert er sich der Notaufnahme. Trotz akuter Todesgefahr, möchte er sich nicht verschulden.

Versteckis spielen und schmollen.
Versteckis spielen und schmollen. © A24

Ganz aufgegeben hat er sich jedoch nicht. Er sucht den Kontakt zu seiner Tochter, deren Besuchsrecht er nach seiner Scheidung verlor. Widerwillig nimmt Ellie (Sadie Sink) die Einladung an, aber als sie bei ihrem Vater ankommt, ist sie von ihm angewidert. Die Annäherung schreitet mehr schlecht als recht voran, aber Charlie möchte diese letzte Möglichkeit zur Versöhnung auf keinen Fall vergeigen.

Darren Aronofskys Verfilmung der Theatervorlage von Samuel D. Hunter ist ein Volltreffer. Alle Figuren im Film fühlen sich im Stich gelassen. Das verbindet sie alle. Sie helfen sich gegenseitig und finden so langsam zueinander. Das inspirierende Kammerspiel ist ein grossartiger Film mit einem superben Hauptdarsteller.

Darren Aronofsky hat bei der Produktion eng mit dem Autor des originalen Theaterstücks, Samuel D. Hunter, zusammengearbeitet. Dieser verarbeitete in seinem Stück teilweise eigene Erlebnisse aus seiner Jugend. Bei der Verfilmung von Theaterstücken ist es oft schwierig, deren Essenz auf die Leinwand zu übertragen. In The Whale kommt es zwischen Text und Zelluloid jedoch zur Kernfusion und der Zauber ist damit exponentiell gestiegen.

Der Film lebt von der schauspielerischen Leistung Brendan Frasers. Er geht als Charlie in seiner Darstellung keine Kompromisse ein und ist sich nicht zu schade, seine Rolle schonungslos verletzlich, komplett exponiert und richtig übel aussehen zu lassen. Er suhlt in diesem Gefühl von Verlust und Wut. Trotz allem hat Charlie ein unerschütterliches Vertrauen in das Gute eines Menschen. Brendan Fraser ist im wahrsten Sinn des Wortes mit Haut und Haar in diese Rolle eingetaucht. Aronofsky wurde nach über 10-jährigem Casting-Prozess dank des Trailers zum Indie-Movie Journey to the End of the Night auf den fast schon vergessenen The Mummy-Star aufmerksam. Und er lag mit dieser Einschätzung goldrichtig.

Auch die Besetzung der Nebenrollen ist top. Besonders Sadie Sink als Tochter Ellie und Hong Chau als Pflegerin Liz schaffen es, gegen die unglaubliche Präsenz von Brendan Fraser anzukommen. Am Anfang kommt Ellie nur wegen der versprochenen Gegenleistung zu ihrem Vater und sie lässt ihn ihre Ablehnung und Enttäuschung über ihn jeden Moment so richtig zickig spüren. Charlie bleibt aber einfach ein liebevoller Vater.

Der Regisseur hat für diesen Film nur ein sehr kleines Set gebraucht. Der ganze Film spielt in der Wohnung von Charlie. Hin und wieder blickt die Kamera nach draussen, aber weiter weg als die Fassadenaufnahme geht sie nicht. Dank diesem Kammerspiel erzielen auch Bewegungen und Handlungen auf kleinstem Raum eine riesige Wirkung. So ist Darren Aronovsky ein Meisterwerk gelungen, das noch lange völlig zurecht in den Schlagzeilen bleiben wird.

Giancarlo Schwendener [gia]

Giancarlo ist James Bond 15 Jahre lang auf Augenhöhe begegnet. Mit dem Abgang von Daniel Craig ist damit vorerst Schluss. Er liebt die grosse Anzahl an tollen Filmen, aber die Fab Five stehen für ihn eine Stufe höher: Sergio Leone, Marlon Brando, Robert De Niro, Sean Connery und Quentin Tarantino.

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Kommentare Total: 7

andycolette

Heute gesehen wirklich eine unglaubliche Performance von Brenden Fraser ! So echt real und authentisch! Aber auch alle anderen Darsteller waren sensationell ! Und Soundtrack ganz tolles Werk ! Darren Aronofsky macht ja so Hammer Movies ! Brenden Fraser hat den Oscar mehr als verdient so echt !!

Screamy

Ich verstehe den ganzen Hype überhaupt nicht um diesen Film… ein übergewichtiger Typ, der im Selbstmitleid ersäuft, Binsenweisheiten von sich gibt anstatt bei sich selber hinzuschauen, Nebenfiguren mit Helfersyndrom, etc. Weder glaubhaft noch authentisch. Total überdramatisierte theatralisch typisch-amerikanische-Darstellung. Hat mich in keiner Sekunde berührt oder bewegt. So viele «Augenroller» habe ich selten erlebt bei einem Film… sorry, das ist einfach nur Schrott, eine einzige Heuchelei!

Marthy

Absolut verdienter Oscar an Brendan Fraser, was für eine Wahnsinnspräsenz. Tieftrauriger Film, mit genialen Nebendarstellern. Allerdings störte mich hie und da, dass das Bühnenstück durchsickert und sich irgendwie nicht richtig an den Film anpassen will.

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