Errate den Film anhand der folgenden Inhaltsangabe: Ein exotisches Tier wird in einer Metropole Teil einer einfachen Familie, muss sich aber auch gegen einen fiesen Nachbarn wehren. Die Antwort: Paddington! Nur «Paddington»? Nein, auch Lyle Lyle Crocodile ist richtig! Diese Parallelen lassen sich jedoch nicht etwa auf etwas zu bequeme Drehbuchautorinnen und -autoren zurückführen, sondern auf sehr ähnliche Kinderbuchvorlagen, die von Michael Bond und Bernard Waber zum ersten Mal 1958 («A Bear Called Paddington»), bzw. 1962 («The House on East 88th Street») erschienen sind.
In Filmform macht Lyle rein vom Kuschelfaktor her natürlich klar Zweiter. Zwar ist er als Baby-Kroki zu Beginn noch niedlich, doch als ausgewachsenes Tier ist er keine Konkurrenz zum schnuffigen Bären aus England. So muss der Film der Comedy-Regisseure Josh Gordon und Will Speck (Blades of Glory, Office Christmas Party) andere Stärken finden - und hat diese in Form von peppigen Musicalnummern, die von den gefeierten Komponisten Benj Pasek und Justin Paul (La La Land, The Greatest Showman) geschrieben wurden. Performt werden diese durchaus eindrücklich und schmissig vom kanadischen Popsänger Shawn Mendes. Schauspielern musste Mendes übrigens nicht, da Lyle zwar singen, aber nicht sprechen kann. Das mag seltsam klingen - und ist es ja auch -, doch bewahrt sich das Krokodil so noch etwas von seinem Tiersein, da er nicht wie ein Mensch seine Sorgen einfach kommunizieren kann. So bekommt auch das erarbeitete Vertrauen für alle Involvierten einen höheren Stellenwert.
In puncto Story gibt es wenig Überraschendes. Zwar schreien zu Beginn noch viele beim Anblick von Lyle und laufen davon, trotzdem wird er dann von den meisten ins Herz geschlossen. Constance Wu, Scoot McNairy und Winslow Fegley geben eine überzeugende Familie ab, doch ist es Oscarpreisträger Javier Bardem, der beim Cast am meisten in Erinnerung bleibt. Seine wilde Kasperlitheater-Performance als Valenti ist fast störend, da sie nicht wirklich zum Rest des Filmes und dessen Figuren passt. Damit verspielt sich Lyle Lyle Crocodile einiges an Charme, wie auch mit einer etwas verwirrenden Botschaft zum Schluss. Doch dürfte dies den Kindern wohl recht egal sein. Diese erfreuen sich einfach an dem lustigen und toll animierten Krokodil, das durch die Szenerie torkelt und so das Zielpublikum zum Lachen bringt - ohne dabei die Magie seines tierischen Freundes aus London zu erreichen.