Es ist beinahe so, als sässe man am Schreibtisch der Macherinnen und Macher, der vor Quellenmaterial regelrecht überquillt. Nicht, dass das Material nicht sortiert wäre, im Gegenteil, doch die schiere Menge, die in atemlosem Tempo verhandelt wird, verunmöglicht es, den Überblick zu behalten. Da hilft es auch nicht, dass die Absicht dieser Dokumentation nie fassbar wird. So sieht man sich mit einem intellektuellen Panorama konfrontiert, das - wenngleich per se alles einwandfrei aufbereitet ist und dargeboten wird - die Zuschauenden mit seiner Fülle überfährt und überfordert.
Der Protagonist dieser Dokumentation filmte alles, was ihm unter die Linse kam, und es scheint fast so, als wollte diese Dokumentation all das zeigen - und noch viel mehr. Eine Geschichte, die wohl auf einer 500-seitigen Biographie keinen Platz fände, wird hier in etwas mehr als eineinhalb Stunden beflissentlich, gewissenhaft und sortiert verpackt. Doch auf einen wirren Einstieg, der es seltsamerweise verpasst, Aktualität und Motivation dieser Dokumentation fassbar zu machen - es scheint einfach vorausgesetzt, dass die Zuschauenden Lavanchy-Clarke ein spannendes Phänomen finden - folgt ein Postenlauf unter anderem durch die Zeitgeschichte, Technikgeschichte, Sozialgeschichte, Tourismusgeschichte und dessen Familiengeschichte.
Viele Fäden laufen hier zusammen und werden optisch (schöne Bildmontagen) und visuell (tolle Off-Stimmen) weitgehend angenehm gestaltet. Doch ist hier derart viel Information und Erzählung, dass man das Erfahrene kaum sacken lassen kann, bevor man schon wieder zum nächsten Punkt jagt, oder vielmehr gejagt wird. Immer wieder wird Lavanchy-Clarke verlassen, um einen Aspekt aufzunehmen, wo sich die Dokumentation gerne in Details verzettelt und anschliessend nur mühselig den roten Faden wiederaufnehmen kann.
So bietet dieser Film, der sich wie eine Uni-Arbeit mit ganz vielen wesentlichen Fussnoten liest, zwar ab und an spannende Momente, doch das ständige Rumgehopse nimmt ihm mehrmals den Drive raus. Diese Jagd nach dem Phantom des Selfmademans der Belle Époque verläuft so schnell, dass man ihm kaum näherkommt, ja ihn im Gegenteil regelrecht überholt. Immerhin: Lavanchy-Clarkes Ruf eines umtriebigen, vielgestaltigen Mannes tut dies keinen Abbruch.