A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe (2022)

A E I O U - Das schnelle Alphabet der Liebe (2022)

  1. ,
  2. ,
  3. 105 Minuten

Filmkritik: Welcome to Cougar Town

72. Internationale Filmfestspiele Berlin 2022
Den Bogen überspannt.
Den Bogen überspannt. © Studio / Produzent

Die kratzbürstige Anna (Sophie Rois) ist als Schauspielerin, die auf die 60 zugeht, nicht mehr oft gefragt. Sie hat deshalb bei Michel (Udo Kier) Mietschulden. Als sie sich bei einer Hörspielaufnahme nicht von ihrem Sprechpartner begrabbeln lassen will und wutentbrannt das Studio verlässt, wird die Geldnot so akut, dass sie sich entscheidet, einem Problemkind Logopädie-Unterricht zu geben.

Offensiver Male Gaze im Bereich der Küche.
Offensiver Male Gaze im Bereich der Küche. © Studio / Produzent

Es handelt sich um den Teenager Adrian (Milan Herms), der für ein Schultheater sein Stottern wegbringen soll. Der Zufall will es, dass Adrian aber ein paar Tage zuvor gerade die Handtasche von Anna geklaut hat. Trotz dieser Vorgeschichte kommen sich die beiden beim Vokale-Dehnen in Annas Altbauwohnung bald näher und werden ungeachtet des Altersunterschieds sowas wie in Paar.

Nicolette Krebitz ist nach Wild, bei der sich eine Frau einem Wolf hingibt, wieder ein Film gelungen, der sich der weiblichen Sexualität auf unkonventionelle Weise annähert. Eine Amour fou mit beträchtlicher Altersdifferenz wird mit komödiantischen Sprenkeln versehen, bis aus Missbrauch Etwas Luftig-Lächerliches werden kann.

«Alles fängt mir A» an, sagt Anna aus dem Off. Das «Ah», das ein Kind schreit, das «Ah», das Verstehen signalisiert, und das «Ah» beim Orgasmus. Mit solchen Erkenntnissen aus dem Off führt Sophie Rois als immer noch attraktive Fast-AHV-lerin durch den künstlich wirkenden Film, der ständig das Genre wechselt. Udo Kier als der gutmütige Vermieter scheint einer Screwball-Komödie aus den Dreissigern des letzten Jahrhunderts entsprungen, die Nouvelle Vague wird offensiv zitiert, ein Geist kommt vor, irgendwann wird's auch noch zum Diamantenraub-Film, der in Südfrankreich spielt.

Nicolette Krebitz möchte unkonventionell sein, schildert aber vor allem eine Missbrauchsgeschichte, die unnötig romantisiert wird. Wäre Anna ein Mann und Adrian die Frau - der Altersunterschied von mehr als 40 Jahren würde äusserst kritisch beäugt. Das Paar ist sich dessen durchaus bewusst. Im Film selber weiss es zum Beispiel nicht, wie es gemeinsam durch den Park spazieren soll unter den Augen der Öffentlichkeit.

Das Machtgefälle zwischen Lehrerin und mittellosem Kleinkriminellen wird aber nicht wirklich thematisiert. Viel wichtiger ist Krebitz, dass man Frauen nicht objektivieren sollte - was sie ausführlich erläutert durch einem Gastaufritt von Moritz Bleibtreu, der per VHS-Kassette in die Handlung eingefügt wird. Und doch filmt sie Rois ständig auf die kurzberockten Beine, und erlaubt Herms als liebestollem Jüngling nicht viel mehr als die Rolle eines tollpatschigen Toyboys.

Roland Meier [rm]

Roland sammelt 3D-Blu-rays, weil da die Publikationen überschaubar stagnieren, und kämpft im Gegenzug des Öfteren mit der Grenze der Speicherkapazität für Aufnahmen bei Swisscom blue TV. 1200 Stunden Film und Fernsehen ständig griffbereit sind ihm einfach nicht genug.

  1. Artikel
  2. Profil
  3. E-Mail
  4. Twitter

Trailer Deutsch, 01:56