Die Schönheit der Urner Berglandschaft (Drehort war Isenthal) im zweiten Film von Michael Koch ist ein Faktum und lockt sogar eine Bollywood-Produktion an. Die stellt das Dorf aber nur vor logistische Probleme. Und die Darbietung der Romantik durch die Darsteller aus Asien am schneebedeckten Abgrund verwirren eine ganz bestimmte Bewohnerin nur. Anna hat auf der Alp eine andere, eine richtige Liebe gefunden, an die das Liebespaar fast selber nicht glauben kann.
Gleichzeitig ist das Älplerleben mühselig und schweisstreibend. Die Heuballen - von Hand gemäht - zischen per Seilwinde ins Tal. Geröll wird per Raupenfahrzeugt entfernt. Wer nicht «performt», wird ersetzt - wie eine Kuh, die man metzget, wenn sie keine Milch mehr gibt. Vor diesem Hintergrund versteht man Marcos Angst vor seinen Kopfschmerzen. Was ist ein Knecht, der nicht mehr richtig zupacken kann?
Michael Koch setzt komplett auf Laiendarsteller. Nicht nur bei Anna und Marco. Simon Wisler, ein Mann mit breitem Kreuz, der lieber Eistee statt Bier trinkt, ist ein gmögiger Kerl. Michèle Brand als Dorfschönheit weiss, was sie will und verzweifelt schier, weil sie mit ihrer Zärtlichkeit beim Gatten manchmal nicht mehr weiterkommt. Und trotzdem platzen sie fast vor Glück - zumindest bis die grosse Tragödie sie einholt. Der Chor Luzern nimmt es mit seinen Kirchenliedern, die wie bei den antiken Griechen die Handlung auflockern, vorweg, wenn er in die Landschaft drapiert wird. Wie alle Bildkompositionen in diesem 4:3-Films sind auch diese einfach nur prächtig.
Und es sind Details, die den Film enorm stimmig machen: die uniformierte Dorfmusik, die auf das Brautpaar wartet; die Tonspur der Skirennen im TV; das Gemurmel der Mandli, die am Stammtisch über die ihre Stangen gebeugt sind; und die urchige Glaubwürdigkeit seiner Protagonistinnen, egal ob sie Haddaway-Songs krakeelen oder ein genervtes «Nä-Hä» herauspressen.