1975 gab es bereits einen Film namens Bullet Train, ein japanischer Thriller. Mit diesem Film ist dieser Bullet Train theoretisch nicht verwandt. Jedoch hat er knapp zwanzig Jahre später Speed stark inspiriert. In Speed spielte eine gewisse Sandra Bullock mit - die wiederum in Bullet Train mitmacht. So schliesst sich der Kreis! Ansonsten haben die beiden Namensvettern herzlich wenig miteinander zu tun. Denn Bullet Train ist mehr oder weniger das Lovechild von Regisseur David Leitchs zwei Vorgängerwerken.
Denn hier trifft die Farbpalette aus Atomic Blonde auf den Witz von Deadpool 2, die Action befindet sich irgendwo dazwischen. Daraus entsteht ein äusserst kurzweiliger, bunter Actionthriller, der aber mit ein paar Problemen zu kämpfen hat. Bullet Train wagt zwei Gratwanderungen gleichzeitig: Die zwischen cool und cringe sowie die zwischen clever und konstruiert. Dabei kippt er in beiden Fällen immer wieder, am Ende überwiegen aber die positiven Eigenschaften. Zwar hat der Film ein rechtes Arsenal an Figuren, balanciert diese aber gut, sodass man den Überblick nicht verliert - was auch ohne den ständigen Drang des Films, das Publikum an den Kontext für jeden Callback zu erinnern, geklappt hätte. Aber alle haben einen Heidenspass.
Brad Pitt gibt seinen besten Ryan Reynolds, einfach mit weniger Sarkasmus und popkulturellen Anspielungen, und das funktioniert richtig gut. Auch das Duo Taylor-Johnson und Henry fruchtet, mitunter weil die beiden sehr viel Screentime kriegen. Zu viel Screentime kriegt Joey King, die in ihrer Rolle als verzogene Göre primär nervt. Dafür gibts ein paar witzige Cameos. Allgemein ist Bullet Train witzig. Bereits das Buch von Kotaro Isaka setzte auf mehr Humor als das Cover zuerst vermuten lässt. Jedoch nicht nur mit den Sprüchen des Casts und den gelegentlichen Einspielern, sondern auch den überzeichneten Actionszenen.
Diese sind zwar gut, aber oftmals unter der Qualität, die man von einem David Leitch erwartet. Und für einen Film, der auch als «Bullet Rain» missverstanden werden kann, halten sich die Schiessereien in Grenzen. Zumindest bis zur letzten halben Stunde. Das ist aber auch der Punkt, an dem er sich zu ziehen beginnt. Da hätte gut an einem Halt früher Endstation sein dürfen. Immerhin sieht die Action dank der schönen Lichtgestaltung gut aus. Das gilt auch für die ruhigen und emotionalen Szenen, die nach so vielen Witzeleien und Klamauk jedoch überhaupt nicht ziehen und eher vor den Kopf stossen - vor allem, wenn sie Minuten später wieder zurückrudern. Eine etwas geradlinigere Inszenierung hätte Bullet Train gut getan. So ist er einfach «nur» gute, temporeiche Unterhaltung.