Wer mit den Werken von Pablo Larraín vertraut ist, wird bereits ahnen, dass es sich bei Spencer um kein klassisches Biopic handelt. Wie schon in seinem Film Jackie, fokussiert die Story auf den grössten Krisenmoment im Leben einer Ikone. Die Handlung von Spencer spielt sich entsprechend komplett über die drei Weihnachtstage ab. Dabei geht es weniger um die Konflikte zwischen den einzelnen Royals, sondern um das Innenleben einer Frau, die sich vollkommen verloren fühlt und am liebsten nur davonrennen würde. Tatsächlich wechselt Diana kaum ein Wort mit Charles und der Queen. Die Dialogszenen zwischen ihnen aber sind auf den Punkt.
Spencer zeigt eine Prinzessin, die nach der Märchenhochzeit in einem persönlichen Albtraum festhängt - gefangen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Larraín selbst bezeichnet den Film als Fabel, die auf einer wahren Tragödie basiert. Und so ist Spencer eine Mischung aus dramatischen, surrealen und düsteren Momenten, die die Zuschauenden in das Innenleben seiner Protagonistin entführen, bei dem die anderen Royals eher als Schatten über der Story hängen.
Keine leichte Aufgabe für Kristen Stewart also, die hier nicht nur die Mimik und Gestik einer der bekanntesten und beliebtesten Frauen der Geschichte treffen muss. Doch Stewart gelingt es, in der Rolle zu verschwinden und zugleich eine ganz neue, andere Diana zu erschaffen. Es ist die wohl ausserordentlichste Performance der Schauspielerin. Das Make-up sowie das detailgenaue Kostümdesign tragen ihren Teil dazu bei.
Ebenso weiss Larraín mit einzigartigen Bildern zu überraschen. Unvergesslich der Anblick einer Diana im weissen Prinzessinnenkleid - die auf einer Kloschüssel liegt und sich übergibt. Über dem Anwesen hängt stets ein Nebelschleier, als befände Diana sich in einem Geisterschloss - und so fühlt es sich auch für sie an. Mehrmals glaubt Diana, dem Geist von Anne Boleyn zu begegnen, mit deren Schicksal sie sich identifiziert. Auf diese Weise überraschen Larraín und Drehbuchautor Steven Knight immer wieder mit stilistischen Entscheidungen, die Spencer nicht zum besten, aber sicherlich zu einem der interessantesten Biopics der letzten Jahre machen.