Besonders in Horrorfilmen kommen Kinder gerne mal zur Spannungsmache zum Einsatz. «Die liebe Kleinen, hoffentlich passiert ihnen nichts», werden in brenzligen Situationen sicher nicht nur Eltern denken. Bei The Innocents wünscht man hingegen besonders einem Kind, dass es gefälligst schnellstens tot umfallen soll. Ein schöneres Kompliment hätte sich Regisseur Eskil Vogt für seinen minderjährigen Bösewicht Ben wohl nicht wünschen können. Denn dieser Wunsch zeigt, wie effektiv der übernatürliche Schocker ist.
Gleich vorneweg: Obwohl Kinder die Hauptrollen spielen, ist der Film überhaupt nichts für Leute mit schwachen Nerven - geschweige denn für unter 16-Jährige. Besonders das hässliche Geräusch von brechenden Knochen fährt einem ordentlich in die... Knochen, wobei sich das auch Stunden und Tage nach dem Film nicht so leicht abschütteln lässt.
Der Film von Vogt, der zuvor unter anderem das Skript zum übernatürlichen Drama Thelma von Joachim Trier geschrieben hat, erinnert vom Aufbau an den Found-Footage-Streifen Chronicle, in dem drei High-School-Schüler plötzlich mit Superkräften ausgestattet sind. Dort, wie auch hier, herrscht zuerst Belustigung über die neuen Fähigkeiten, mit denen Schabernack angestellt werden kann. Doch dann ziehen düstere Wolken auf, wenn eine der Figuren die Kräfte für nicht so gute Sachen einsetzt.
Vogt hält sich mit den komödiantischen Elementen im Gegensatz zu Josh Trank jedoch äusserst zurück. Er etabliert früh, dass mit Sam Ashrafs Ben überhaupt nicht gut Kirschen essen ist und gegen dessen Boshaftigkeit sogar ein Macaulay Culkin in The Good Son ganz alt aussieht. Für einen Film über Kinder im Vorschulalter mit Superkräften ist The Innocent aber fast ein bisschen zu bierernst ausgefallen. Der Film profitiert jedoch auch davon, dass er nicht zurückhält und vieles mit aller Brutalität durchzieht. Obwohl die Storybeats bekannt sein dürften, wird der Schocker auf diese Weise unberechenbar, da nicht klar ist, wie weit Vogt gehen wird. Weniger klar ist jedoch, was genau für Superkräfte die einzelnen Kinder besitzen. Vieles bleibt zu vage und in einigen Fällen auch etwas beliebig. Da fällt es trotz überzeugenden Darstellerinnen und Darstellern schwer, sich wirklich in diese Welt hineinzufinden und so sind die fast zwei Stunden auch immer wieder spürbar.
Doch die einnehmende Bildsprache lässt einen trotzdem weiterhin gebannt auf die Leinwand schauen. Den Originalitätspreis wird Vogt mit diesem Film sicher nicht gewinnen. Aber als kleiner Geheimtipp unter Horrorfans könnte dieser fiese Streifen einige glücklich machen.