Eigentlich kam Scott Derrickson schon vor Jahren auf die Idee, die Kurzgeschichte «The Black Phone» von Horror-Autor Joe Hill (Sohn von Stephen King) zu verfilmen. Allerdings war er da gerade daran, für Marvel Doctor Strange auf die Leinwand zu bringen, weshalb das Projekt ein paar Jahre warten musste. Als Derrickson endlich Zeit dafür fand, griff er wie üblich auf alte Bekannte zurück, mit denen er bereits erfolgreich zusammengearbeitet hatte.
Neben Dauerschreibpartner Cargill gehören dazu auch die Darsteller James Ransone (It Chapter Two) und Ethan Hawke (Boyhood), die beide schon bei Sinister mit von der Partie waren. Hawke wechselt hier jedoch die Seite und ist nicht mehr als Ermittler, sondern als gestörter Serienmörder zu sehen, dessen Gesicht fast immer hinter einer gruseligen weissen Maske verborgen bleibt. Die eindrückliche Maske, die mit wechselnden Mundpartien und manchmal sogar mit Hörnern für den Extragruselfaktor sorgt, wurde übrigens von Kult-Maskenbildner Tom Savini mitdesignt.
Ungewöhnlich an der an und für sich bekannten Serienmörderstory ist, dass kaum jemals die Schwäche des Opfers im Zentrum steht; vielmehr nimmt der Film fast ausschliesslich die Position der stark aufspielenden Kinderdarsteller ein. So folgen wir einerseits dem Protagonisten Finney, der sich im Laufe der Filmereignisse vom schüchternen Aussenseiter zum starken Protagonisten mit Überlebensinstinkt mausert, andererseits der kleinen Schwester Gwen, die in ihren Träumen Hinweise auf die Opfer erhält und auf eigene Faust zu ermitteln beginnt. So stört es auch nicht, dass der Film eher gemächlich anfängt, dabei einige unnötige filmische Spielereien einsetzt und erst allmählich die Spannungsschraube anzuziehen beginnt.
Eine dritte kindliche Perspektive wird schliesslich mit dem mystischen titelgebenden Telefon eingeführt, durch das Finney mit den Geistern der früheren Opfer kommunizieren kann. Diese Geisterperspektive ist umso effektiver, weil der Film so gar nie genau darauf eingehen muss, was der Mörder mit seinen Opfern anstellt. Vielmehr erhalten seine Opfer als Geister eine eigene Stimme und verbünden sich aus unterschiedlichen Motiven mit der Hauptfigur, da sie die Macken ihres Peinigers kennen und Finney so wichtige Tipps geben können, damit er sich aus der Gefangenschaft hinausmcgyvern kann.
The Black Phone ist damit weniger Horrorfilm als effektiv inszeniertes übernatürliches Survivalkino und dürfte so auch Nicht-Horrorfans ansprechen. Der Film zeigt nur wenige blutige Szenen und kommt - ungewöhnlich für eine Blumhouse-Produktion dieses Genres - fast ohne Jump-Scares aus. Dank des ungewöhnlichen Team-Ups des jungen Protagonisten mit den Geistern wandelt sich die Geschichte vom anfänglich gemächlichen Aussenseiterdrama zum zunehmend drängenden Thriller-Szenario, bei dem man mit wachsender Begeisterung miträtseln, mitfiebern und anfeuern kann.