Es ist mehr ein Warten auf den Frühling als auf den Prinzen, der den Fluch des ewigen Schlafes bricht. Für die Familie Demiri ist der Frühling ein Stück Plastik. Ein Dokument, das ihnen erlaubt, in einem Land leben zu können, in dem ihr Leben nicht bedroht ist. In dem sie nicht für ihre blosse Existenz verfolgt wird.
Die Regisseurin Dea Gjinovci ist eine exzellente Beobachterin. Im Familienalltag wird die Kamera quasi unsichtbar und doch zur Vertrauensperson für die Demiris. Gjinovici interessiert sich vor allem für die Träume und Hoffnungen der kosovarischen Familie. Nur in wenigen Szenen wird über die Ereignisse im Kosovo gesprochen. In anderen Momenten bahnt sich die Sehnsucht nach der Heimat von allein ihre Bahnen. Ein Pflaumenbaum mit reifen Früchten am Strassenrand versetzt die Familie plötzlich wieder nach Hause. Insgesamt ist es ein durchweg positiver Blick, der auf die Protagonisten geworfen wird.
Im Alltag erkennt man viele bekannte Motive wieder. Es ist der Sohn, der für die Eltern übersetzen muss. Die soziale Ausgrenzung zwingt die Menschen, unter sich zu bleiben, einheimische Schweden sieht man nur im Fernsehen oder an der anderen Seite des Tisches. Hinzu kommt die Hilflosigkeit in den Mühlen der Bürokratie, der Flüchtlingsstatus als endlos wirkender Limbus. Die Situation der Protagonisten wird glaubhaft und nachvollziehbar dargestellt.
Bei der Krankheit der beiden Töchter werden die Zuschauer lange im Dunklen gelassen. Wir sehen die Hilfsmittel und die Lethargie der Teenagerinnen. Es ist ein Problem, für das es keine Lösung und keine einfache Erklärung gibt. Die Ausmasse des Syndroms in Schweden erfahren wir nur durch die Nachrichten, und es dauert eine lange Zeit, bis man auf demselben Informationsstand der Akteure ist. Stellungnahmen oder Interviews von Medizinern fehlen gänzlich.
Womit Wake Up on Mars bereits im Titel wirbt, ist der rote Planet. Furkans Interesse für Astronomie wird schnell deutlich, von Papierraumschiffen bis zum Anschreien des Mondes. Die Realitätsflucht soll als Grundgerüst dienen; oder wird zumindest so vermarktet. Im Film ist es eher eine Nebengeschichte. Die Konstruktion der Traumrakete nimmt wenig Zeit ein, wenn man das finale Produkt betrachtet. Es ist eine Lösung, das offene Ende der Familiengeschichte zu umgehen, aber sie wirkt aufgesetzt und doch sehr bemüht. Zumal das aufwendige Raumschiff mehr Furkans Fantasie als der Realität entspricht. Das passt natürlich perfekt zum Fluchtgedanken, aber weniger zum dokumentarischen Stil des Films.