Jojo Rabbit ist laut Regisseur Taika Waititi eine Satire, die gegen Hass in den Krieg zieht. Das ist sicherlich wichtig in der heutigen Zeit, da der Film die Absurdität des Ganzen aufzeigt. Zudem ist er in einigen Momenten verdammt lustig, wobei nicht unbedingt Waitits Hitler die meisten Lacher verbucht, sondern Sam Rockwells Ausbildner. Waititi nimmt den Stoff und die Nazi-Zeit aber auch ernst, wobei es ihm jedoch nicht hundertprozentig gelingt, Humor und Tragik reibungslos miteinander zu verbinden. Ein guter Film, der jedoch unter seinen Möglichkeiten bleibt.
Seit 2019 gehört Disney nicht nur Lucasfilm, Pixar und Marvel Studios, sondern auch das Filmstudio 20th Century Fox und dessen Tochterunternehmen. Eines davon ist Fox Searchlight Pictures, unter dessen Dach Oscar-Filme wie Slumdog Millionaire, Black Swan und Three Billboards Outside Ebbing, Missouri entstanden. Das Studio unterstützt Projekte, bei denen die Regisseure genügend Freiräume bekommen, damit diese ihre Visionen umsetzen können. Ob das so bleiben wird, ist ungewiss. Laut einem Variety-Artikel fühlten sich die Oberen bei Disney ordentlich vor den Kopf gestossen, als sie sich den noch unter der alter Führung freigegebenen Jojo Rabbit ansahen. Denn eine Satire um Nazis und Adolf Hitler ist so gar nicht das, was man sich beim Maushaus gewohnt ist.
Auch für die Zuschauer ist Vorsicht geboten. Wurde beim Marketing vor allem der imaginäre Adolf Hitler ins Zentrum gestellt, ist dieser (übrigens vom Regisseur und polynesischen Juden Taika Waititi selbst gespielt) eher selten auf der Leinwand. Die Blödel-Version des Führers schaut jeweils nur ganz kurz als eine Art Teufelchen an der Seite von Jojo vorbei. Das ist aber durchaus gut so, denn der Film braucht im Grunde genommen dieses Element gar nicht und es kommt in der Buchvorlage «Caging Skies» von Christine Leunens auch nicht vor.
Im Zentrum stehen die beiden Jungdarsteller Roman Griffin Davis und Thomasin McKenzie (Leave No Trace). Wie sich der Nazi-Junge und die Jüdin anfreunden, ist durchaus herzig. Auch Scarlett Johansson als Jojos Mutter kriegt ganz schöne Momente. Sie ist logischerweise das Engelchen auf Jojos Schulter. Johansson bringt eine angenehme Wärme mit und spricht wie die meisten im Cast mit einem deutschen Akzent. Dieser ist jedoch nicht so dick aufgetragen, dass es stört. Den Vogel - und auch ein paar herumliegende Zwiebeln - schiesst derweil Oscarpreisträger Sam Rockwell ab. Seine Rolle als Ausbildner Klenzendorf verbucht die meisten grossen Lacher auf sich.
Was Jojo Rabbit jedoch davon abhält, ein besserer Film zu werden, sind die zu unterschiedlichen Elemente, mit denen Waititi hier jongliert. Der Mix zwischen Drama und Kasperlitheater geht in den entscheidenden Szenen nicht ganz auf. Die grosse emotionale Durchschlagskraft geht dem Werk da etwas ab, obwohl doch alles da wäre, um den Zuschauern ein paar Tränen zu entlocken. Doch die Bäckchen bleiben trocken - weil wenig später Hitler wieder seltsame Dinge macht.
In einer Zeit, in der vielerorts Rechtsextremismus wieder auf dem Vormarsch ist und vermehrt mit Hass regiert wird, braucht es jedoch Jojo Rabbit. Denn Waititi offenbart die Lächerlichkeit des Ganzen, zeigt aber auch den Schrecken auf, den solche Dinge auslösen können. Sehenswert also, obwohl einiges an Potenzial verschenkt wurde, weshalb diese Satire nicht mit den besten Werken des Neuseeländers mithalten kann.