Da soll noch einer sagen, die Schweizer können nicht lustig sein. Seit mittlerweile acht Staffeln strahlt Deville Late Night halb-live aus dem Zürcher Club Mascotte in die Schweizer Stuben. Eine Late-Night-Show, welche die Bezeichnung verdient hat: Gesellschaftskritische Einspieler. Glatte Sidekicks. Indie-Bands zum Ausklang. Und ein Opening Monologue, der nur noch besser werden könnte, hätte Gastgeber Dominic Deville nicht so eine krächzende Stimme. Clips aus dem Dunstkreis der Show gingen auch schon viral (Switzerland First!)
Aus dem Writer Room der besagten Show stammt auch Natascha Beller. Als einzige Frau unter Gags brünzelnden Männern muss sie sie sich territorial wohl immer wieder behaupten. Und nimmt sich vielleicht deshalb in ihrem Regiedebüt frauliche Themen vor: "Bimmelnde Bio-Uhr", "Kind&Karriere", und "Single Mom" sind die Problemzonen ihrer Protagonistinnen um die 35. Das kennt man auch aus TV-Movies von Sat.1 bis ARD. Aber in Mundart und von der Zürcher Langstrasse kommt das gleich erquicklicher daher.
Michèle Rohrbach ist eine komödiantische Wucht und sich nicht zu schade für rüdig-nackten Klamauk. Sarah Hostettler und Anne Haug sind frische Faces, denen man ebenfalls gerne zuschaut. Auch die Männer machen mit bei der Komik, der ein wahrer Kern innewohnt. Die Kritik an Phänomenen wie Tinder und Torschlusspanik ist aus dem Leben gegriffen und macht die Charaktere zu tragisch-komischen Figuren, mit denen man lacht, statt über sie. Wie sich das bei einer Komödie mit Tiefgang gehört. Das haben wohl auch die vielen Gaststars begriffen (von Dani Fohrler bis Samuel Streiff), die im Gegensatz zu den CH-Filmfördergremien an Bellers Projekt glaubten. Denn finanzielle Unterstützung gab's keine, dafür viele Cameos aus dem Kollegenkreis.
Zumindest auf die Piazza Grande in Locarno hat es Die fruchtbaren Jahre sind vorbei aber trotzdem geschafft. Ins Crazy-Midnight-Programm, wo die Comedy, in der Spaghetti-Western zitiert, Morgenradio-Moderatoren die Figuren direkt ansprechen und Quitschgelbe Bibeli-Kostüme kopflos durchs Grüne stampfen, auch bestens hinpasst. Regisseurin Beller ist vielleicht sogar die Schweizer Antwort auf Tina Fey. Die Saturday-Night-Live-Veteranin startete auch als Comedy-Autorin in einem Writers Room und macht mittlerweile Chick-Flicks, die auch Männer schauen können.