Dass Gerechtigkeit und Recht nicht unbedingt immer das Gleiche sind, darum geht es in Der Fall Collini, der Bestsellerverfilmung nach Ferdinand von Schirach. Der gefeierte Autor, von dem unter anderem auch die Vorlage zum TV-Experiment Terror - Ihr Urteil) stammt, weiss worüber er schreibt. Er selbst arbeitete jahrelang als Rechtanwalt und spezialisierte sich dort vor allem auf das Strafrecht. Mal abgesehen von einer etwas vorlauten Richterin wirkt so auch die Adapation von Der Fall Collini sehr authentisch. Der grösste Trumpf ist jedoch ein trauriger: Obwohl hier eine (erfundene) harte Geschichte um Mord und Totschlag - der Unterschied ist ein Bedeutender - erzählt wird, ist das Erschütternste daran, dass sie auf einem echten Justizskandal beruht.
Welcher Skandal genau gemeint ist, wird hier aus Spoilergründen nicht enthüllt. Denn die Stärke dieser Verfilmung - wie übrigens auch des Romans - ist, dass der Zuschauer/Leser die unglaublichen Ereignisse mit dem Anwalt zusammen Stück für Stück aufdeckt. Der Film ist dabei deutlich mehr an der Aufarbeitung des Themas interessiert als an seinen zentralen Figuren. Elyas M'Barek spielt die Rolle des Anwalt sackstark, doch bleiben wir nicht wegen seiner Figur dran, sondern wegen des Falls. Franco "Django" Nero als Angeklagter Collini bieten sich derweil zwar kaum Gelegenheiten für Oscar-Clips, doch ist sein Spiel vor allem dank seinen hellen blauen Augen intensiv. Etwas verschenkt ist hingegen Alexandra Maria Lara als Enkelin des Ermordeten.
Bevor es in Der Fall Collini richtig zur Sache geht, muss etwas ausgeharrt werden. Denn in der ersten Stunde des Filmes geht es für den Anwalt vor allem darum zu erfahren, wieso Collini Meyer umgebracht hat. Da dieser jedoch schweigt, kommt der Plot nicht wirklich vorwärts. Das ist natürlich beabsichtigt, doch hätte dieser Teil auch ein bisschen weniger lang sein können. Nach einem verhaltenen Beginn steigert sich Der Fall Collini dann aber immer mehr und wird mit Ausnahme einer etwas gar kitschigen Abschlussszene zum spannenden Justiz-Thriller, über den es sich zu diskutieren lohnt.
Regisseur Marco Kreuzpaintner und auch die Leute in den Departementen Score und Schnitt haben tolle Arbeit geleistet. Vom Gebotenen her ist das endlich mal wieder ein deutscher Film, der nicht einfach nur im Kino läuft, sondern auch dorthin gehört. Wer schon Im Labyrinth des Schweigens aufwühlend und toll fand, wird auch hier packende Unterhaltung finden.