La belle époque (2019)

La belle époque (2019)

Die Schönste Zeit unseres Lebens
  1. ,
  2. 115 Minuten

Filmkritik: Midnight in Lyon

72e Festival de Cannes 2019
Auch Töfflibuebe werden mal älter.
Auch Töfflibuebe werden mal älter. © Pathé Films

Bei der Ehe von Victor (Daniel Auteuil) und Marianne (Fanny Ardant) ist schon seit längerem die Luft draussen. Der arbeitslose Comiczeichner und die Psychiaterin gifteln sich nur noch an, und nach einem Streit setzt sie ihn endgültig vor die Türe. Da Victor sonst nichts Schlaues zu tun hat, kommt er dem Ratschlag seines Sohnes nach, in eine andere Zeitepoche zu reisen. Möglich macht dies der Service von Antoine (Guillaume Canet), der mit riesigem Aufwand an Requisiten, Kostümen und Schauspielern vergangene Epochen wiederauferstehen und seine Kunden in die Vergangenheit reisen lässt.

"Unter miteinander schlafen verstehe ich eigentlich etwas anderes..."
"Unter miteinander schlafen verstehe ich eigentlich etwas anderes..." © Pathé Films

Daniel wählt für seine Zeitreise einen ganz speziellen Tag in den Siebzigern. Es ist dies der Tag, an dem er - damals Kunststudent in Lyon - Marianne das erste Mal kennenlernte. So lässt er sich von Antoines Firma den Schauplatz bis ins kleinste Detail nachempfinden. Die Rolle der Marianne spielt Antoines Geliebte Margot (Dora Tillier). Es gelingt ihr ausgezeichnet, den Charme von Marianne nachzuspielen. Fast etwas zu gut, denn Victor verliebt sich prompt in die Fake-Version seiner zukünftigen Ehefrau...

Wer braucht schon Zeitmaschinen? In La belle époque wird die Vergangenheit einfach gleich neu inszeniert. Der Mix aus The Truman Show und Midnight in Paris ist ein gmögiger Crowdpleaser mit gut aufgelegten Schauspielern. Nicht übermässig innovativ, aber witzig, romantisch und augenzwinkernd nostalgisch.

Früher war alles besser. Zumindest in der Erinnerung. Diesen nostalgischen Reflex nimmt Nicolas Bedos als Ausgangslage für seinen Film, in dem es eine Firma ihren Kunden ermöglicht, nochmals in die Vergangenheit zu reisen, und macht daraus eine romantische Komödie um Realität und inszenierte Realität.

Er bedient sich dabei verschiedener Vorbilder: Die Lust heutiger Menschen, in die Vergangenheit einzutauchen, ist beispielsweise bekannt aus Midnight in Paris. Wie der Woody-Allen-Film nimmt auch La belle époque die Nostalgie nach den "guten alten Tagen" mit einem Augenzwinkern und baut darauf eine unterhaltsame Hin-und-Her-Reise zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Das Thema der inszenierten Realität schliesslich erinnert stark an The Truman Show: Die Reise in die Vergangenheit ist sozusagen eine perfekt in Szene gesetzte Reality-Show. Wenn die Grenzen zusehends vermischen, kommt sogar noch ein Schuss The Game mit ins Spiel.

Die Beispiele zeigen: La belle époque erfindet das Rad nicht grundsätzlich neu. Und die Figuren kommen auch ein wenig klischeehaft daher. Und trotzdem funktioniert der Film wunderbar als romantische Komödie, bei der zwischendurch auch einmal ein Tränchen der Rührung weggewischt werden darf. Der Film hat Tempo, ist gut geschrieben und die Schauspieler haben Spass an ihren Rollen. Mit Daniel Auteuil und Fanny Ardant sowie Guillaume Canet bietet der Streifen drei Aushängeschilder des französischen Kinos, doch der eigentliche Star des Filmes ist Dora Tillier in der Rolle der Margot, die als Schauspielerin zwischen inszeniertem und realem Leben hin- und herswitchen muss. Sie steckt in diese Doppelrolle so viel Charme und Witz, dass man es Victor nicht richtig übelnehmen kann, wenn er darauf anspringt.

Charme und Witz sind denn auch die Attribute, die den ganzen Film kennzeichnen; einen Film, der am Anfang ein wenig chaotisch und überdreht daherkommt, sich aber mit zunehmender Spielzeit zum Feelgood-Movie entwickelt. Früher mag zwar nicht alles besser gewesen sein, aber die Erinnerung daran ist halt Gold wert.

Simon Eberhard [ebe]

Aufgewachsen mit Indy, Bond und Bud Spencer, hatte Simon seine cineastische Erleuchtung als Teenager mit «Spiel mir das Lied vom Tod». Heute tingelt er durch Festivals und mag Krawallfilme genauso wie Artsy-Farts. Nur wenn jemand einen Film als «radikal» bezeichnet, rollt er genervt mit den Augen.

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Trailer Französisch, mit deutschen Untertitel, 01:26