Viele Drogen-Dramen werden auf erschütternde Art und Weise aus der Sicht der Abhängigen erzählt. Man denke da zum Beispiel an Darren Aronofskys Ich-Fasse-nie-im-Leben-jemals-Drogen-an-Film Requiem for a Dream, wo unter anderem von Jared Leto und Jennifer Connelly gespielte Figuren durch die Hölle gehen. Wie jedoch das nahe Umfeld mit den Süchtigen umgeht, wird nicht oft ins Zentrum der Geschichte gerückt. Auftritt Beautiful Boy, bei dem die Geschichte hauptsächlich aus der Sicht eines langsam verzweifelnden Vaters erzählt wird.
Der Film des gefeierten belgischen Regisseurs Felix Van Groeningen (The Broken Circle Breakdown) basiert auf der wahren Geschichte der Familie Sheff, die auch im Film so heisst. Genug Material war definitiv vorhanden, schrieb doch nicht nur Vater David mit "Beautiful Boy: A Father's Journey Through His Son's Addiction" seine Erlebnisse in einem Buch nieder, sondern tat es ihm auch Sohn Nic in seinen Memoiren mit dem Titel "Tweak: Growing Up on Methamphetamines" gleich.
Der Fokus liegt aber wie bereits erwähnt auf der Vater-Seite. Es ist herzzerreissend zu sehen, wie der von Steve Carell eindringlich verkörperte David mit besten Absichten versucht, seinem Sohn zu helfen. Dabei wird es selten wirklich melodramatisch, denn seine Geschichte ist eine des Scheiterns. Einen Jungen heilt man nicht einfach mit viel Liebe und Zuneigung von einer harten Droge. Der Film ist da wie auch die Vorlage ehrlich und zeigt neben einem aufopferungsvollen Vater auch einen Jungen, der ein ziemliches Arschloch wird. Dank dem Schauspiel von Timothée Chalamet und einigen "Szenen von früher" hofft man aber trotzdem, dass er es schafft - egal, wie schlimm es/er wird.
Was Beautiful Boy jedoch daran hindert, in höhere Sphären aufzusteigen (no pun intended), ist sein holpriger Erzählfluss. Man merkt überdeutlich, dass hier zwei verschiedene Bücher zusammengefügt worden sind. Die Wechsel zwischen den beiden Erzählungen sind zwischendurch etwas hart und lassen den Film so immer auch ein wenig zu einem Halt kommen. Auch wiederholen sich einige Dinge, was durchaus beabsichtigt ist, denn Nic unternimmt mehrere Anläufe, "clean" zu werden und hat Rückfälle. Es braucht also hier ein bisschen Geduld seitens der Zuschauer. Belohnt wird diese mit tollen Darstellerleistungen und der Inszenierung von Van Groeningen, dem mit seinem Kameramann Ruben Impens viele tolle Shots gelingen. Auch hier: no pun intended.