Beautiful Boy (2018)

Beautiful Boy (2018)

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  2. 120 Minuten

Filmkritik: Drugs are bad, m'kay.

43rd Toronto International Film Festival
Oh Sheff, du bisch de Bescht
Oh Sheff, du bisch de Bescht © Ascot Elite

Familienvater David Sheff (Steve Carell) sitzt bei einem Arzt. Dabei fehlt ihm physisch gar nichts. Er ist dort, um sich von dem Mediziner über die Droge Meth aufklären zu lassen. Denn Davids Sohn Nic (Timothée Chalamet) ist dieser völlig erlegen. Obwohl dem schlauen Jungen mit seinen Schulleistungen die Welt offenstehen würde, kommt er nicht von seiner Sucht weg, wobei er immer unberechenbarer wird. Bei Besuchen bei ihm und seiner zweiten Ehefrau Karen (Karen Barbour) erkennt David seinen Sohn kaum mehr. Auch Aufenthalte bei Nics Mutter Vicki (Amy Ryan) haben keine Wirkung.

Da war die Welt noch in Ordnung.
Da war die Welt noch in Ordnung. © Ascot Elite

So versucht David so gut es geht, sich über die Sucht seines Sohnes zu informieren, damit er ihm auf jede erdenkliche Art und Weise helfen kann. Doch je länger die Leidenszeit dauert, desto aussichtsloser wird Davids Kampf. Ist Nic noch zu retten, oder wird er eines Tages wie so viele Drogensüchtige tot auf der Strasse enden?

Beautiful Boy zeigt die Drogensucht eines jungen Mannes vor allem aus der Sicht seines Vaters, der verzweifelt um seinen Sohn kämpft. Dank der Ehrlichkeit - die Drogensucht wird nicht einfach so durch Liebe und Zuneigung geheilt - und den überzeugenden Darstellern Steve Carell und Timothée Chalamet geht das zu Herzen. Weil hier gleich zwei Memoiren zusammengeführt werden, ist das Ganze zwischendurch etwas holprig, aber das ist zu verschmerzen.

Viele Drogen-Dramen werden auf erschütternde Art und Weise aus der Sicht der Abhängigen erzählt. Man denke da zum Beispiel an Darren Aronofskys Ich-Fasse-nie-im-Leben-jemals-Drogen-an-Film Requiem for a Dream, wo unter anderem von Jared Leto und Jennifer Connelly gespielte Figuren durch die Hölle gehen. Wie jedoch das nahe Umfeld mit den Süchtigen umgeht, wird nicht oft ins Zentrum der Geschichte gerückt. Auftritt Beautiful Boy, bei dem die Geschichte hauptsächlich aus der Sicht eines langsam verzweifelnden Vaters erzählt wird.

Der Film des gefeierten belgischen Regisseurs Felix Van Groeningen (The Broken Circle Breakdown) basiert auf der wahren Geschichte der Familie Sheff, die auch im Film so heisst. Genug Material war definitiv vorhanden, schrieb doch nicht nur Vater David mit "Beautiful Boy: A Father's Journey Through His Son's Addiction" seine Erlebnisse in einem Buch nieder, sondern tat es ihm auch Sohn Nic in seinen Memoiren mit dem Titel "Tweak: Growing Up on Methamphetamines" gleich.

Der Fokus liegt aber wie bereits erwähnt auf der Vater-Seite. Es ist herzzerreissend zu sehen, wie der von Steve Carell eindringlich verkörperte David mit besten Absichten versucht, seinem Sohn zu helfen. Dabei wird es selten wirklich melodramatisch, denn seine Geschichte ist eine des Scheiterns. Einen Jungen heilt man nicht einfach mit viel Liebe und Zuneigung von einer harten Droge. Der Film ist da wie auch die Vorlage ehrlich und zeigt neben einem aufopferungsvollen Vater auch einen Jungen, der ein ziemliches Arschloch wird. Dank dem Schauspiel von Timothée Chalamet und einigen "Szenen von früher" hofft man aber trotzdem, dass er es schafft - egal, wie schlimm es/er wird.

Was Beautiful Boy jedoch daran hindert, in höhere Sphären aufzusteigen (no pun intended), ist sein holpriger Erzählfluss. Man merkt überdeutlich, dass hier zwei verschiedene Bücher zusammengefügt worden sind. Die Wechsel zwischen den beiden Erzählungen sind zwischendurch etwas hart und lassen den Film so immer auch ein wenig zu einem Halt kommen. Auch wiederholen sich einige Dinge, was durchaus beabsichtigt ist, denn Nic unternimmt mehrere Anläufe, "clean" zu werden und hat Rückfälle. Es braucht also hier ein bisschen Geduld seitens der Zuschauer. Belohnt wird diese mit tollen Darstellerleistungen und der Inszenierung von Van Groeningen, dem mit seinem Kameramann Ruben Impens viele tolle Shots gelingen. Auch hier: no pun intended.

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

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Kommentare Total: 4

andycolette

Extrem starkes Drama war total erschlagen von dieser Wucht ! Steve Carell Wahnsinns Performance und nicht für oscar nominiert! Timothée Chalamet und Amy Ryan auch extrem stark! Und Film war viel stärker als roma und mindestens wie the favorite und Star is Born ! Oscars please extrem stark !

Conor

Chalamet spielt schon wieder beängstigend gut und dass die Musik die Bilder in den Filmen von Van Groningen perfekt ergänzen ist auch keine Überraschung mehr.

yan

Van Groeningen hat mich mit Broken Circle Breakdown zu Tränen gerührt. Dies gelang ihm mit Beautiful Boy nicht. Dennoch hat mir das Drogendrama aus der Sicht von Papa Steve Carell gefallen. Carell und Chalamet spielen äusserst stark und können die tragische, aber nicht mehr ganz frische Story mit ihren gut gezeichneten Figuren und einem tollen Zusammenspiel aufwerten.

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