Virus Tropical (2017)

Virus Tropical (2017)

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  3. 97 Minuten

Filmkritik: Schwarzweisse Banalitäten

16. Internationales Festival für Animationsfilm Fantoche 2018
…and Iiiiiiii would walk 500 miles!
…and Iiiiiiii would walk 500 miles! © Studio / Producer

1976, Quito, Ecuador: Die zweifache Mutter Hilda Gaviria schlägt sich mit einem vermeintlichen tropischen Virus herum - so heisst es zumindest vonseiten der Ärzte. In Wahrheit ist sie aber mit ihrem dritten Kind schwanger, und dies, obwohl sie sich ein Jahr zuvor hat sterilisieren lassen. Die so wundersam empfangene dritte Tochter wird Paola genannt und wächst in einem Haus voller eigensinniger Frauen auf: Die älteste Schwester Claudia verhätschelt den Neuankömmling, während die mittlere Tochter der Familie, Patty, Paola überhaupt nicht ausstehen kann und mit fiesen Streichen quält.

It's raining, mom!
It's raining, mom! © Studio / Producer

Im Laufe der Jahre wird das Leben der Familie immer wieder durcheinandergewirbelt: Der Vater verlässt die Familie und zieht weg, Claudia heiratet heimlich und bekommt ein Kind, und Patty wird plötzlich zu Paolas engster Vertrauten. Als Patty fürs Studium nach Santiago de Cali, Kolumbien, zieht und Paola es satt hat, in eine reine Mädchenschule zu gehen, zieht die gesamte Familie dorthin. In Cali wird Paola zur jungen Frau und entdeckt neben ihrer Liebe fürs Zeichnen auch das andere Geschlecht.

Basierend auf dem gleichnamigen autobiographischen Graphic Novel der ecuadorianisch-kolumbianischen Comic-Künstlerin Power Paola, hakt Virus Tropical alle typischen Elemente einer Coming-of-Age-Story ab: Kindheit, Schulalltag, erste Liebe, Sexualität, Konflikte mit den Eltern sowie die Suche nach dem eigenen Weg. Schwarzweiss und mit kindlich-einfachem Zeichenstil gewährt der Film einen humorvollen Blick auf das Erwachsenwerden junger Frauen in Lateinamerika, ist aber aufgrund einiger Banalitäten auch etwas langatmig geraten.

Power Paola gehört zu den bekanntesten Comic-Künstlerinnen Lateinamerikas, deren Werke durch einen ganz eigenen Zeichenstil, aber auch durch die Themenwahl unverwechselbar sind. Auch die Verfilmung von Langfilmdebütant Santiago Caicedo setzt auf dieselbe Ästhetik: strikt schwarzweiss gehaltene Bilder in absichtlich reduziertem Stil, teils sehr aufwändige Hintergrundbilder, jedoch einfache, fast kindlich gezeichnete Figuren, wobei besonders die männlichen Figuren gerne mal ins Hässliche abdriften.

Auch inhaltlich wird der typische Mix aus Power Paolas autobiographischen Graphic Novels aufgenommen, sodass immer wieder Themen wie Sexualität, Feminismus, Familie und Identitätssuche behandelt werden. Der Film geht dabei chronologisch vor und zeigt das Leben von Paola anhand bestimmter Stationen ihrer Kindheit und Jugend. Im Mittelpunkt stehen dabei die verschiedenen Frauenfiguren, die auf humorvolle Weise das Leben der Protagonistin prägen, während die Männer eher punktuell Einfluss nehmen.

Virus Tropical erzählt mit sympathischem südamerikanischem Charme eine Coming-of-Age-Geschichte, die visuell auf das Spiel mit kindlicher Einfachheit, Mut zur Hässlichkeit und Referenzen auf den Style der Achtziger und Neunziger setzt. Das ist immer mal wieder frech, aber leider auch etwas lang geraten; dies auch, weil das Ganze durch den starken Alltagsbezug auch immer wieder ein bisschen banal ist.

Zudem endet der Film an der falschen Stelle, denn gerade da, wo es endet, wird's erst richtig spannend. Freilich weckt ein solches Ende den Wunsch nach einer Fortsetzung respektive lässt Imaginationspotenzial für die Zuschauer offen. Für das Filmerlebnis hätte man sich aber doch ein bisschen mehr gewünscht.

Petra Schrackmann [pps]

Petra arbeitet seit 2007 für OutNow und haut auch für Lektorat und Listicles in die Tasten. Als Genrefan verbringt sie ihre Film- und Serienabende lieber mit Zombies, Hobbits oder RVAGs als mit Rom-Coms. Als Leseratte ist sie fasziniert von Comic- und Buchverfilmungen (sogar den schlechten!).

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