Im Ansatz gut, scheitert Strangers an technischen Komponenten und den saloppen Dialogen. Die Rolle des stillen, menschlich isolierten Tamas verkörpert Nicolas Batthyany ordentlich, die beiden weiblichen Protagonistinnen, gespielt von Marina Guerrini und Jeanne Devos, fallen hingegen ab. Atmosphärisch spannend inszeniert, verweist der Film auf Klassiker der Noir-Ära und huldigt dem Genre mit viel Passion.
Das Projekt von Lorenz Suter wurde beinahe ohne Budget gedreht. Ohne Beleuchtung, mit geringsten finanziellen Mitteln und einer Kamera aus dem Elektro-Fachhandel wagte sich Suter an seine Langfassung eines von ihm zuvor realisierten Kurzfilmes. Finanzielle Unterstützung gab es erst in der Postproduktion, denn zwei wesentliche Faktoren für eine Förder-Unterstützung seitens SRG oder Kulturstiftung waren nicht erfüllt: Es fehlte ein fertiges Drehbuch und die Dreharbeiten waren bereits im Gange. Dennoch ist es Lorenz Suter und seinem familiären Team gelungen, eine Hommage an den Film noir der Vierziger- und Fünfzigerjahre zu drehen.
Eine düstere Grundstimmung, moralisch fragwürdig gezeichnete Antihelden und ein Kriminalfall, der gelöst werden soll, stehen im Fokus des Genres. Ein für den Film noir typisches Voiceover gibt den Zuschauern stets Einblick in die Gedankenwelt des Hauptcharakters. Mit tiefer, seelenruhiger Stimme erläutert Tamas seine Gedanken, was durchaus zum Verständnis der Handlung beiträgt und als sehr angenehm wahrgenommen wird.
Etwas schade ist, dass die Stimme Tamas' dann in höherer Stimmlage daherkommt. Die kurzen, beinahe abgehackten Satzfragmente, die er von sich gibt, seine Aura, die er ausstrahlt, verleihen dem Charakter anfänglich eine mysteriöse Aura. Tamas scheint über alle zwischenmenschlichen Beziehungen erhaben. Eine sehr interessante Charakterzeichnung, die entfernt etwas an den Driver aus Drive erinnert und Fragen über die Risiken von menschlicher Nähe aufwirft.
Das pure Gegenstück zu Tamas' Charakter stellt Annika dar, die erst spricht und dann im Notfall noch denkt, aber nur, wenn es wirklich nötig ist. Norika wiederum ist etwa in der Mitte der beiden anzusiedeln. Die Dreiecksbeziehung ist interessant komponiert und lässt einiges an Raum für Interpretation zu. Weder Marina Guerrini als Annika noch Jeanne Devos als Norika schaffen es allerdings, restlos überzeugend zu agieren. Die Dialoge der beiden wirken stümperhaft und improvisiert und laden zum Fremdschämen ein.
Auch die Bilder sind aufgrund der fehlenden Beleuchtung oftmals zu dunkel, zu graulastig und sind in der Club-Szene durch den ungefilterten Stroboskop-Effekt beinahe nicht auszuhalten, da extrem überbelichtet. Dem Bild fehlt die Tiefenschärfe und der Kontrast, was durch die Kamerawahl zu erklären sein dürfte. Zu sehen ist jedoch stets, dass Lorenz Suter und sein Team enorm viel Herzblut in die Produktion gesteckt haben. Sieht man von den technischen Makeln und der Schwäche der Dialoge ab, bleibt eine engagierte Film-noir-Hommage mit einer sich zunehmend anspannenden Atmosphäre.