Ein Mann unter Frauen, das ist Max Perkins, der bei jeder Geburt auf einen Jungen gehofft hat. Das Schicksal meinte es anders mit ihm, und umso verständlicher wird es, dass er in dem jungen Thomas Wolfe eine Art Sohnersatz findet. Es geht in diesem Film aber nicht allein um die besondere Freundschaft der beiden Männer zueinander, sondern vielmehr wirft er die Frage auf, was einen Menschen eigentlich zum Genie macht.
Genius basiert auf A. Scott Bergs Biografie «Max Perkins: Editor of Genius», die durch den Drehbuchautor John Logan (Skyfall) adaptiert wurde. Der Londoner Theaterregisseur Michael Grandage gibt mit dem Film sein Spielfilmdebüt. Im Laufe des Films wird deutlich, dass nicht nur Thomas Wolfe ein Genie in literarischer Hinsicht ist, sondern auch sein Lektor Perkins. Ohne den Feinschliff, die zahlreichen Anmerkungen oder Hinweise auf Kürzungen würde das Buch in seiner finalen Fassung nie erscheinen. Ohne Verleger oder Lektor würde kein Schriftsteller zum Erfolg geführt werden können. Manchmal scheitert aber auch der beste Lektor wie im Fall von F. Scott Fitzgerald, der nach grossem Erfolg durch private Probleme an einer Art Schreibblockade zu leiden beginnt.
Das ist die eine Seite, die Genius erzählt, die andere handelt von der Freundschaft unter Männern. Jude Law und Colin Firth geben quasi das perfekte Paar ab, beide harmonieren wunderbar miteinander, finden ihre grössten Stärken in den langen Gesprächen und Diskussionen und können ihren Figuren viel Kraft und Charakter verleihen. Neben den beiden Männern bleiben die Nebenrollen fast ein bisschen blass, obgleich sie fast genauso interessant sind. Sowohl Louise als auch Aline verändern sich durch die enge Freundschaft der Männer. Während sich Aline zurecht zunehmend vernachlässigt fühlt und hohe Eifersucht gegenüber Perkins entwickelt, zeigt sich Louise zunächst voller Verständnis, sieht dann aber auch die Familie zunehmend unter der Bindung leidend. Denn Perkins hat kaum noch Zeit für Frau und Kinder.
Es macht Spass, diesen Film anzuschauen. Das liegt nicht nur an der tollen Zeit der Zwanzigerjahre in New York und den tollen Darstellern, sondern vor allem an den klugen Dialogen. Die kurzen und langen Rededuelle sprühen vor Witz und sind geistreich, aber auch die ernsthafteren Gespräche sind interessant und zeigen, wie sich die beiden Männer im Laufe der Zeit verändern.
Genius erzählt auf ansprechende Weise vom Aufstieg und Fall des Schriftstellerdaseins und einer besonderen Männerfreundschaft. Kluge Dialoge und eine fast nur in Räumen angelegte Handlung machen das Spielfilmdebüt zu einem unterhaltsamen, warmen und geistreichen Erlebnis.