Hatten wir das nicht schon mal? Gerade kürzlich war doch da so ein Film im Kino, in dem ausländische Stars in schönen Bündner Berglandschaften ihre emotionalen Krisen in den Griff zu kriegen versuchten. Richtig, Clouds of Sils Maria hiess der Film von Olivier Assayas mit Juliette Binoche und Kristen Stewart. Nun kommt's noch dicker: Mit Paolo Sorrentino ist es immerhin ein Oscarpreisträger, der sich da in die schönen Schweizer Berge eingemietet hat - natürlich wurde der Film auch in der Schweiz mitproduziert. Die von der Euro-Krise gebeutelten Tourismus-Organisationen dürften darüber nicht unglücklich sein.
Bereits in Sorrentinos Oscarfilm La grande bellezza ging's ums Älterwerden. Entgegen dem Filmtitel La giovinezza beziehungsweise Youth (wie der Film international heisst) ist auch hier der Umgang mit dem nahenden Tod ein zentrales Thema. Im Fokus stehen zwei 80-jährige Männer, die den Spätherbst ihres Lebens unterschiedlich meistern: mit Apathie im Fall von Michael Caines Dirigenten Fred und mit Aktivismus im Fall von Harvey Keitels Regisseur Mitch.
Mit den beiden Darstellern hat Sorrentino, der hier nach This must be the Place zum zweiten Mal in Englisch dreht, zwei sichere Werte an Bord, die ihre Charaktere mit einem ironischen Augenzwinkern verkörpern. Die weibliche Perspektive aus Clouds of Sils Maria wird hier durch eine männliche ersetzt - inklusive einer nackten Miss Universum. Das ist dann wohl die filmische Umsetzung der berühmten "Altherrenfantasie", über deren Sinn oder Unsinn man geteilter Meinung sein kann. Gleiches gilt übrigens auch für zahlreiche weitere Szenen.
Neben den beiden Hauptfiguren wird das Hotel Schatzalp oberhalb Davos, wo der Film spielt, von zahlreichen weiteren mehr oder weniger sonderbaren Gestalten verkörpert. In betont ästhetischen Aufnahmen zeichnet der Film dabei ein Kuriositätenkabinett der Eitelkeiten, vom Diego-Maradona-Verschnitt über das Schlagersternchen Paloma Faith (spielt sich selbst) bis zum Fake-Hitler. Mit einer ironischen Beiläufigkeit streift er deren Biographien, ohne dass dabei gross etwas passiert. Die Handlungsarmut ist wohl Konzept - sie steht für die Zeit, die den Protagonisten langsam durch die Finger ringt.
Angenehmerweise blitzen im Film immer wieder Elemente trockenen Humors auf. Das ist gut so, denn sonst würden die teilweise etwas gar aufdringlichen Metaphern (Seifenblase!) und die überästhetisierten Aufnahmen mit der Zeit sauer aufstossen. Und die zelebrierte Leere würde irgendwann zum Leerlauf. Denn im Grunde genommen ist Youth sehr langweilig, was aber nur konsequent ist: Es ist schliesslich auch ein Film über Langeweile. Doch Langeweile war selten schöner.