Als Mira nach Erbil reist, wird sie herzlichst gegrüsst: "Willkommen in Kurdistan"! Doch sie ist gar nicht in Kurdistan, offiziell ist sie nämlich im Irak, genauer gesagt im nördlichen Irak, auch bekannt als "Autonome Region Kurdistan". Dieses Kurdistan, das die Kurden so lieben, ist jedoch nur zum Schein autonom, denn die Währung ist immer noch der irakische Dinar und die eigentliche Macht behält Bagdad. Der Film verpasst es leider, all diese wichtigen Informationen darzustellen. Die Schwalbe versucht zumindest die Vergangenheit und die Zukunft von Kurdistan aufzuzeigen, scheitert jedoch darin.
Kurdistans Geschichte wird anhand der Suche nach Miras Vater dargestellt. Die Dichotomie der Figuren und des Landes wird auf verschiedene Weisen gezeigt. In den Augen von Mira ist ihr verschollener Vater ein Held, der für sein Volk kämpfte, für Ramo allerdings ist er nichts anderes als ein kaltblütiger Mörder. Diese Ambivalenz wird ebenfalls durch den Staat gezeigt, der allgemeine Amnestie für Kollaborateure des Saddam-Regimes veranlasste, allerdings auch durch das Volk. So begegnen Mira und Ramo auf ihren vielen Standorten immer wieder Menschen, die ihren Vater kannten und schätzten, aber auch verurteilten.
Auch bildlich wird die Verbindung der Figuren zum Land gemacht. Nach langen Aufnahmen der Landschaft wird direkt auf das Gesicht der Protagonisten fokussiert. Diese Machart bietet zwar einen interessanten Kontrast, doch wer von der Redewendung "Gesichter erzählen Geschichten" ausgeht, wird hier leider enttäuscht. Zumindest ist dies der Fall bei Mira und Ramo, denn ihre Gesichter erzählen nur wenige Geschichten. Enttäuschend ist dazu die Liebesgeschichte der beiden Figuren, die nur den Fokus von der eigentlichen, interessanten Geschichte lenkt. Ebenfalls merkwürdig deplatziert wirkt Miras charakterliche Wandlung am Ende ihrer Reise. Das Treffen mit ihrem Vater sollte wohl eine Form von Katharsis darstellen, kommt jedoch ein wenig lächerlich und fremd rüber. Unverständlich ist zudem Miras Reaktion auf Ramos ungewisses Schicksal, mit dem der Film sein Ende nimmt.
Im Grossen und Ganzen ist der Film ein solides Roadmovie, das dem kritischen Kontext seiner Aufgabe jedoch nicht gerecht wird. Die Geschichte der Kurden und Kurdistan, dieses "Volkes ohne Land", ist verwirrend, traurig, unheimlich spannend und auf jeden Fall erzählenswert. Leider gelingt es Die Schwalbe nur ansatzweise, diese bewegte Geschichte auch auf die Zuschauer zu übertragen.