Embers (2015/I)

Embers (2015/I)

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  3. 85 Minuten

Filmkritik: Vergiss es!

Zu Schrott gefahren
Zu Schrott gefahren © Studio / Produzent

Die Welt irgendwann in der Zukunft. Nach einer mysteriösen Epidemie haben die Menschen ihr Erinnerungsvermögen verloren. Ein Mann (Jason Ritter) und eine Frau (Iva Gocheva) wachen in einem heruntergekommenen Haus auf und versuchen herauszufinden, wie sie zueinander stehen und was sie hierhin verschlagen hat. Ein kleiner Junge (Silvan Friedman) streift durch die verlassenen Strassen und sucht nach einer neuen Familie. Sein Weg kreuzt sich mit denjenigen eines jungen Mannes (Karl Glusmann), der mit Gewalt um sein Überleben kämpft, und eines Professors (Tucker Smallwood), der in einem abgelegenen Waldhaus eine Heilmethode für das Virus sucht.

Im Gschpürschmi-Seminar
Im Gschpürschmi-Seminar © Studio / Produzent

Währenddessen fristet die junge Miranda (Greta Fernández) ein eintöniges Dasein in einem modernen Bunker, in dem sie allein mit ihrem Vater (Roberto Cots) lebt. Zwar sind die beiden dadurch von den Auswirkungen der Seuche verschont geblieben, doch die tagtägliche Langeweile zermürbt Miranda. Sie möchte ausbrechen und endlich die Welt da draussen kennenlernen.

Ein Michael Bay oder Roland Emmerich hätte aus der reizvollen Ausgangslage wohl ein bombastisches Endzeit-Spektakel gebastelt. Doch das ist nicht die Absicht von Embers. In leisen Tönen und melancholisch-schönen Bildern entwirft der Film mit schönen Bildern eine trostlose Welt, in der Einsamkeit und Ausweglosigkeit dominieren. Der jungen Regisseurin Claire Carré ist mit ihrem ersten Film ein kleiner, aber feiner Science-Fiction-Episodenfilm gelungen. Erinnerungswürdig!

Was, wenn die Menschen keine Erinnerungen mehr hätten? Die Grundidee von Embers ist reizvoll und kombiniert Story-Elemente von Thrillern wie Memento und Endzeit-Szenarien wie Blindness, Children of Men oder I am Legend. Regiedebütantin Claire Carré entwickelt diese Elemente zu einem eigenen Film weiter, der für einen Endzeit-Streifen ganz schön ruhig ist. In dieser Hinsicht erinnert der Streifen wiederum ein wenig an Lars von Triers Melancholia.

Die Einflüsse sind also unverkennbar. Doch deswegen ist Embers kein billiger Abklatsch. In nur rund 80 Minuten schafft Claire Carré eine wohlig düstere Atmosphäre und macht dabei weder den Fehler, zu viel erklären zu wollen noch denjenigen, die Handlung durch wichtigtuerischen Mystery-Hokuspokus zu vernebeln. Der Film ist einfach verständlich und lässt dennoch Fragen offen. Ein Reigen von wenig bekannten Schauspielern - von denen Love-Hauptdarsteller Karl Glusman der bekannteste sein dürfte - irrt durch eine trostlose Welt, in der der Menschheit die Erinnerung abhandengekommen ist. Die Figuren wirken fremd und haben keinerlei Backstory, was angesichts des entworfenen Szenarios aber nur folgerichtig ist. Den Zuschauern soll's ja schliesslich nicht besser gehen als den Protagonisten.

Auch die fünf parallel erzählten Episoden sind nicht oder nur sehr lose miteinander verknüpft. Dies verstärkt die Isoliertheit der Figuren. Handkehrum wird der Film auch dadurch in der zweiten Filmhälfte ein wenig repetitiv. Hat man erst das Konzept verstanden, bleibt die Spannung ein wenig auf der Strecke. Wobei Embers natürlich auch kein Spannungskino der Hollywood-Schule sein möchte. Sonst hätte die Regisseurin zweifellos mehr dramatische Elemente eingebaut. Claire Carrés Film dürfte daher weniger die Science-Fiction-Fans, dafür eher die Arthouse-Fans ansprechen. Diese werden ihn - im Unterschied zu den Protagonisten - aber bestimmt nicht einfach wieder vergessen.

Simon Eberhard [ebe]

Aufgewachsen mit Indy, Bond und Bud Spencer, hatte Simon seine cineastische Erleuchtung als Teenager mit «Spiel mir das Lied vom Tod». Heute tingelt er durch Festivals und mag Krawallfilme genauso wie Artsy-Farts. Nur wenn jemand einen Film als «radikal» bezeichnet, rollt er genervt mit den Augen.

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