Wo liegt der Reiz darin, Jungs, die mit dem goldenen Löffel im Mund geboren sind, beim Partymachen zuzusehen? Die dänische Regisseurin Lone Scherfig findet leider viel zu spät eine Antwort auf diese Frage, bietet dann aber immerhin ein bisschen Diskussionsstoff über die Gesellschaft der reichen Einprozenter, die meinen, dass sie sich alles erlauben können. So ist der Film leider erst nach dem Überschreiten der Ein-Stunden-Marke sehenswert, während er vorher mit seiner Plotlosigkeit langweilt.
Die dänische Regisseurin Lone Scherfig bleibt den Adaptionen treu. Nachdem schon ihre letzten beiden Filme, der tolle An Education und der enttäuschende One Day, auf Buchvorlagen basierten, setzt sie nun das Theaterstück "Posh" von Laura Wade um, welche auch gleich für das Drehbuch verantwortlich zeichnete. Es ist ein Blick auf die gutbetuchte Gesellschaft Englands, die glaubt, dass mit Geld alles möglich ist. Schade, dass der Film sein Potenzial erst relativ spät nutzt.
Denn in der ersten Stunde passiert eigentlich recht wenig. Das Leben der reichen Buben wird gezeigt, welches aus Feiern, Fechten und Vögeln besteht. Da ein Plot auszumachen, ist schwierig und auch die Figuren geben wenig Anlass, dem Geschehen interessiert zuzuschauen. Selbst der als Identifikationsfigur gedachte Miles scheint immer alles zu bekommen, was er möchte, was ihn nicht gross von den anderen neun Kotzbrocken des Riot Club unterscheidet.
Sind wir aber mal im Pub angekommen, geht nicht nur bei der Feiergesellschaft die Post ab. In einer Mischung aus La grande bouffe und A Clockwork Orange wird gefressen, sich daneben benommen und gegen die Unterschicht gewettert, dass einem Hören und Sehen vergeht. Vor allem Sam Claflin (Finnick Odair aus The Hunger Games: Catching Fire) als Chefunruhestifter kann sich in diesen Szenen hervortun. Wenn er lautstark verkündet, dass er alle armen Leute hasst und dies auch dem armen Wirt ins Gesicht sagt, dann möchte man diesem Jungen sehr gerne mal nicht nur nett die Meinung sagen. Ein richtig hassenswertes Subjekt ist dieser Alistair, und Claflin hat sichtlich Freude an dem Part.
Je länger der Abend dann auch geht, desto derber wird die Szenerie. Das Pub wird zum Mikrokosmos, in dem die Oberschicht über die Unterschicht lacht und diese mit den Füssen tritt - im wahrsten Sinne des Wortes. In den Siebzigern wäre dies sicherlich ein Skandal gewesen. Im heutigen Kino ist man sich solche Szenen hingegen gewohnt und kann sich eher auf die Themen des Filmes als auf die früher so skandalträchtigen Sequenzen konzentrieren. Hätte sich Scherfig zu Beginn etwas mit der Vorstellung dieser (Studenten-)Welt beeilt, dann wäre man vollends zufrieden aus dem Kino gekommen. Jetzt ist es nur ein "war dank der letzten halben Stunde ganz ok".