Zum Beispiel Suberg (2013)

Zum Beispiel Suberg (2013)

  1. 90 Minuten

Filmkritik: Früher war alles besser!

Auf Bettsuche?
Auf Bettsuche? © Studio / Produzent

Filmregisseur Simon Baumann lebt schon seit 32 Jahren im bernischen Suberg. Doch wirklich kennen tut er "sein" Dorf nicht. Wenn er früher zur Schule musste, rannte er dorthin und seine Freizeit verbrachte er meist mit seinem Bruder oder vor der Glotze. Deshalb fühlt er sich auch wie ein Fremder in seiner Heimat. An diesem Zustand möchte Simon jetzt was ändern und versucht sich vorzustellen und Kontakte zu knüpfen. Doch so einfach ist das nicht.

Subergs Hauptattraktion
Subergs Hauptattraktion © Studio / Produzent

Denn das Dorf ist wegen einer Bahnschranke zweigeteilt und die Bewohner sind der Meinung, dass Simons Eltern, die ehemaligen Nationalräte Ruedi und Stephanie Baumann, Schuld daran seien. So trifft Simon auf viel Ablehnung. Der einzige Ort, wo er nach langem Suchen einen Zugang findet, ist beim hiesigen Männerchor. Als Neuling versucht er dort Anschluss zu finden. Doch warum ist Suberg so geworden? Simon geht diesen Fragen nach und trifft ehemalige Gemeinderäte, Bauern und einen Fabrikbesitzer.

Der letzte Film von Regisseur Simon Baumann sorgte für viele hochrote Köpfe. Sein Image Problem, den er zusammen mit Andreas Pfiffner drehte, zeigte eine hässliche Seite der Schweiz, die nicht vielen in den Kram passte. Vieles wirkte jedoch dermassen inszeniert und zurechtgelegt, sodass das ganze Projekt je länger je mehr im gleich schiefen Licht stand wie die Personen, die sich darin abfällig über Ausländer geäussert hatten. So schwingt jetzt bei Baumanns neustem Film Zum Beispiel Suberg auch die ganze Zeit über ein gewisses Misstrauen mit. Trotzdem ist sein Dokfilm ein aufwühlendes Portrait über die Zersiedlung der Schweiz.

Denn heute, wo sich vieles am Computer abspielt, wird gerne vergessen, dass da draussen auch noch eine Welt ist. Doch nicht nur die neuen Medien haben Schuld - auf die Baumann nicht mal eingehen muss -, sondern zerstrittene Lager und das Streben nach Wohlstand. Baumann zeigt, wie jeder in einem eigenen Gärtchen arbeitet und dieses hegt und pflegt. Erfolgreichsein lautet die Devise, wobei das Soziale etwas auf der Strecke bleibt und nicht mehr als wirklich wichtig betrachtet wird. Ein schönes Beispiel sind da die grosse Hecken, die der Regisseur in seinem Dorf vorfindet. Der Besitzer einer solchen scheint sich ihrer Bedeutung nicht mal bewusst zu sein, doch grenzt sie ihn überdeutlich vom Rest des Dorfes, und laut Baumann, auch vom Rest der Welt ab.

Das "Mitenand" ging so nicht nur im bernischen Suberg verloren. Überall in der Schweiz sieht man die Auswirkungen von Globalisierung und Rentabilität um jeden Preis. Selbst im Kanton Zürich gibt es Gemeinden, die um den Dorfkern beraubt und Poststellen geschlossen werden. Der Film könnte also auch durchaus Zum Beispiel Benglen heissen. Zwar gibt es immer noch Bastionen, die gegen solche Zustände kämpfen, doch sie werden immer weniger, und auch wenn Baumann in seinem Film mit Humor das Problem aufzeigt, ist die Realität doch ziemlich ernüchternd.

Fazit: Zum Beispiel Suberg ist ein wichtiger Film über das verlorengegangene Zusammenleben. Baumann unterschlägt jedoch etwas die Vorteile der Globalisierung und zeigt nur auf, was auf dem Weg dorthin verloren ging. Die Welt hat sich einfach weiterbewegt und die neue Generation hat andere Vorstellungen vom Zusammenleben als noch die vorherige. Ein nachdenklich machender Film, der Leuten, die noch das Glück hatten in Grossfamilien aufzuwachsen, wehmütig zurückschauen lässt und nicht nur Leuten gefallen wird, die immer wieder schreien: "Früher war alles besser!"

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

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Trailer Schweizerdeutsch, mit deutschen und französischen Untertitel, 02:24