The Physician (2013)

The Physician (2013)

Der Medicus
  1. ,
  2. 150 Minuten

Filmkritik: Benjamin of Pakistan

«Ready for another lesson?»
«Ready for another lesson?» © Universal Pictures Switzerland

England im 11. Jahrhundert. Der junge Rob Cole (Tom Payne) wächst bei seiner Mutter und mit seinen zwei jüngeren Geschwistern auf dem Land auf. Eines Nachts wird Rob von seiner von Schmerzen schreienden Mutter geweckt, und der kleine Junge spürt nur durch Abtasten, dass sie in Kürze sterben wird. Da kann selbst ein Bader (Stellan Skarsgård) nicht mehr helfen, der sich gerade in der Nähe befindet. So werden am nächsten Morgen die zwei Geschwister weitergegeben, während Rob sich dem Bader anschliesst, mit dem er fortan England bereist und etwas medizinische Hilfe unter die Leute bringt.

«Versteck mich vorm von Trier.»
«Versteck mich vorm von Trier.» © Universal Pictures Switzerland

Als Rob Jahre später von einem berühmten Universalgelehrten mit dem Namen Ibn Sina (Ben Kingsley) hört, möchte er bei diesem lernen und so zu einem richtigen Medicus werden. Doch der Mann, der ihm das ermöglichen könnte, residiert in Persien, und die Reise von England bis dorthin ist vor allem für einen Christen sehr gefährlich. Denn ab Ägypten beherrschen Muslime das Gebiet und dulden dort keine anderen Religionen ausser ihrer eigenen und jener der Juden. So gibt sich Rob als Jesse ben Benjamin aus und begibt sich mit ein paar Juden auf eine gefährliche Reise.

The Physician ist der erste Roman einer Buchreihe des US-amerikanischen Schriftstellers Noah Gordon, der von der fiktiven Medizinerdynastie der Familie Cole erzählt. Das Buch wurde vor allem in Europa zum Bestseller, und so verwundert es nicht, das sich die deutsche Firma UFA-Studios an eine Umsetzung gewagt hat und nicht etwa ein amerikanischer Major. Ein Unterschied kann von produktionstechnischer Seite her keiner ausgemacht werden. Bei der Leinwandumsetzung des Stoffes wurde kein Aufwand gescheut, um die Welt des 11. Jahrhunderts aufleben zu lassen. Rein von den Bildern her erinnert The Physician in seinen besten Momenten dann auch an Monumentalwerke wie Lawrence of Arabia. Was die Figuren und die Emotionen betrifft, sind wir jedoch näher bei Ridley Scotts vermurkster Kinofassung von Kingdom of Heaven.

Dass The Physician eine Buchverfilmung ist, merkt man sehr gut am Überangebot an Figuren und Handlungssträngen. Obwohl das Werk über zweieinhalb Stunden dauert, wirkt es an vielen Stellen recht gehetzt. Die Devise lautete wohl mal wieder, so viel wie möglich aus dem Buch in den Film zu packen. So sind dann auch immer wieder Sprünge und ein paar seltsame Schnitte festzustellen. Das Gefühl, dass gewisse Dinge zwischen den Szenen fehlen, lässt sich nicht abschütteln, und so wirkt das Ganze auch teilweise etwas abgehackt in seiner Erzählstruktur. Am meisten trifft dies die Figuren, deren Freundschaften untereinander nicht immer verständlich sind und deren Abschiedsszenen dann auch etwas kalt lassen. Was aber wider Erwarten - da nicht in der Vorlage vorhanden - wunderbar funktioniert, ist die Lovestory zwischen Rob Cole und Rebecca, woran vor allem die Chemie zwischen Tom Payne und Emma Rigby einen grossen Anteil hat.

Mal abgesehen von den obengenannten Kritikpunkten bringt der Film des deutschen Regisseurs Philipp Stölzl aber endlich wieder einmal ganz grosses Kinofeeling auf die Leinwand. Die Wüstenaufnahmen sind majestätisch, und die verschiedenen Bauten dürfen als imposant bezeichnet werden. Hier können sich Kenner wie auch Nichtkenner der Materie gleichermassen erfreuen, wenn Cole sich in die weite Welt begibt und in den Palästen sein Handwerk lehrt. Positiv zu erwähnen ist noch, dass der Film nicht davor zurückscheut, das Innenleben der Menschen etwas genauer zu betrachten. Dieser wichtige Teil der Geschichte wird keinesfalls verharmlost, und die Kamera hält drauf, wenn Cole bei einem Verstorbenen mal etwas «unter die Haut geht».

Fazit: The Physician ist alleine wegen seiner Bilderpracht ein sehenswerter Film. Was ihm jedoch fehlt, um mit den ganz grossen Epen mitzuhalten, sind die Figuren, die immer etwas auf Distanz bleiben und es dem Zuschauer so schwer machen, mit ihnen mitzufiebern. Für die Fortsetzungen, die wohl bei einem Erfolg dieses Filmes folgen werden, bleibt also noch durchaus Steigerungspotenzial.

Chris Schelb [crs]

Chris arbeitet seit 2008 für OutNow und leitet die Redaktion seit 2011. Seit er als Kind in einen Kessel voller Videokassetten gefallen ist, schaut er sich mit viel Begeisterung alles Mögliche an, wobei es ihm die Filmfestivals in Cannes und Toronto besonders angetan haben.

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