The Tale of Princess Kaguya - Kaguyahime no monogatari (2013)

The Tale of Princess Kaguya - Kaguyahime no monogatari (2013)

Die Legende der Prinzessin Kaguya
  1. , ,
  2. 137 Minuten

Filmkritik: Zu viel Geld macht unglücklich

Neugeboren - und schon perfekt gestylt!
Neugeboren - und schon perfekt gestylt! © Frenetic Films

Ein alter Bambusfäller entdeckt bei der Arbeit einen leuchtenden Bambusstamm, vor dem plötzlich eine neue Bambuspflanze aus dem Boden schiesst. In der Sprosse entdeckt er ein winziges, in prachtvolle Gewänder gekleidetes Mädchen. Der Alte ist davon überzeugt, dass es sich bei der Kleinen um eine Prinzessin handelt, die ihm vom Himmel gesandt wurde. Als er die Prinzessin zu seiner Frau bringt, verwandelt sie sich in ein Baby, das aber sehr schnell grösser wird und zu einem aufgeweckten, liebenswerten Mädchen heranwächst.

Schönheit am Leiden
Schönheit am Leiden © Frenetic Films

Die Prinzessin verlebt eine schöne Zeit in der friedlichen Bergregion und geniesst das einfache Leben mit ihrer Familie und ihren Freunden. Doch der Vater ist weiterhin davon überzeugt, dass seine Tochter zu Grossem bestimmt ist. Als er in demselben Bambusstamm kostbare Gewänder und Gold findet, beschliesst er, in die Stadt zu ziehen, damit seine Tochter zu einer wahren Prinzessin erzogen werden kann. Bald spricht sich die Schönheit des Mädchens herum, und zahlreiche Verehrer wollen sie heiraten. Doch das Leben in der Stadt macht Prinzessin Kaguya nicht glücklich; sie sehnt sich zurück nach der Idylle ihrer Heimat.

Mit 137 Minuten ist The Tale of Princess Kaguya der bisher längste Film aus dem Hause Ghibli und verzichtet weitgehend auf Effekthascherei und grosse Fantasysequenzen. Isao Takahata inszeniert die Sage deutlich sozialkritisch: Auf zunehmend bedrückende Weise wird das Schicksal einer jungen Frau gezeichnet, die zwischen ihrem Wunsch nach einem freien Leben in der Natur und den Erwartungen und Anforderungen der Gesellschaft unweigerlich aufgerieben wird; dies macht den Film nicht nur sehenswert, sondern trotz historischer Situierung auch absolut zeitlos.

Bereits mit früheren Werken wie Pom Poko hat der legendäre Animations-Regisseur Isao Takahata den Konflikt zwischen unberührter Natur und moderner Zivilisation eindrücklich auf die Leinwand gebracht. Auch die Umsetzung der vermutlich aus dem 10. Jahrhundert stammenden Sage "The Tale of the Bamboo Cutter" nimmt dieses Thema auf. In schlichten, an traditionelle Illustrationen erinnernden Bildern behandelt das neuste Werk aus dem Kult-Animationshaus Ghibli den (unvermeidlichen?) Verlust naturbelassener Idylle und zeigt die erdrückenden sozialen Zwänge auf, mit denen sich Frauen in der japanischen Gesellschaft (und nicht nur da) abfinden müssen.

Setzen die berühmtesten Ghibli-Filme auf eindrückliche Fantasyelemente, handelt es sich bei Prinzessin Kaguya - trotz eingestreuter Traum- und Wunder-Elemente - um eine deutlich sozialkritische, historische Fabel. Was anfängt wie ein beschwingtes Märchen, das zwar langsam, aber auf mitreissende Weise den Werdegang eines beherzten Mädchens darstellt, wird mit zunehmender Laufzeit zu einer persönlichen Tragödie. Als Zuschauer leidet man förmlich mit Kaguyas Erfahrungen in der Stadt mit, denn schnell ahnt man, wo der gutgemeinte Aufstiegswunsch des Vaters letztlich hinführen wird.

Ein westliches Publikum dürfte durch das unerwartete Finale vielleicht etwas befremdet sein; das Sehnen nach einer von sozialen Zwängen befreiten idyllischen Existenz fängt der Film jedoch sehr gut ein. Damit reiht sich The Tale of Princess Kaguya fraglos in die lange Tradition von Ghibli-Filmen ein, in denen die schwierige Balance zwischen Natur, persönlichem Glück und moderner Gesellschaft immer wieder neu ausgehandelt werden.

Petra Schrackmann [pps]

Petra arbeitet seit 2007 für OutNow und haut auch für Lektorat und Listicles in die Tasten. Als Genrefan verbringt sie ihre Film- und Serienabende lieber mit Zombies, Hobbits oder RVAGs als mit Rom-Coms. Als Leseratte ist sie fasziniert von Comic- und Buchverfilmungen (sogar den schlechten!).

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Trailer Deutsch, 01:25