Blackfish (2013)

Blackfish (2013)

Der Killerwal
  1. 83 Minuten

Filmkritik: Free Willy!

Zirkusattraktion: Killerwal
Zirkusattraktion: Killerwal © Studio / Produzent

Die Freizeitparks von SeaWorld gehören nicht nur zum Pflichtprogramm für Touristen, sondern zählen schon seit längerer Zeit zur absoluten Elite der Entertainment Industrie. Neben Achterbahnen und Aquarien sind es vor allem die spektakulären Wassershows der Orcas, die einen Grossteil des Erfolgs für sich beanspruchen. Ein Erfolg, den man nicht so einfach wieder hergeben möchte.

Save the Orcas
Save the Orcas © Studio / Produzent

Der grösste in Gefangenschaft lebende "Killerwal" heisst Tilikum und lebt in den kleinen SeaWorld-Becken in Orlando, Florida. Seine Geschichte zeigt auf, welche Umstände dazu führten, dass er 2010 seine Trainierin angriff und tötete. Damit nicht genug. Tilikums Leben in Gefangenschaft forderte bisher insgesamt drei Menschenopfer und das obwohl Forscher bei Orcas in freier Wildbahn bisher keine aggressiven Züge gegenüber Menschen feststellen konnten. Bei genauerer Betrachtung ist Tilikums Wandlung aber völlig verständlich, denn die sozialen Tiere werden von ihren Familien getrennt, in winzige Becken gesteckt und zu Zirkusattraktionen ausgebildet.

Mit einem für Dokumentationen ungewohnten Thrill, drastischen Bildern und einer traurigen Wahrheit schockierte The Cove 2009 die Massen und erhielt dafür zu Recht das Goldmännchen. Auch wenn der Film die Abschlachtung der Delfine in Japan nicht stoppen konnte, hat das blutrot gefärbte Meerwasser Spuren hinterlassen und viele Menschen wachgerüttelt. Der Triumph an den Oscars verhalf zu mehr Medienpräsenz und Unterstützung im Kampf gegen diese abscheulichen Taten. Ein ähnlicher Siegeszug wäre auch Blackfish von Herzen gegönnt gewesen, doch die Academy sah dies unverständlicherweise anders. Dabei wird das unschöne Kapitel der in Gefangenschaft lebenden Orcas zu selten angesprochen und erhält im Schatten der fliessenden Millionen und der Unterhaltungsgeilheit des Menschen kaum Aufmerksamkeit. Regisseurin Gabriela Cowperthwaite konfrontiert das Publikum mit dieser fragwürdigen Zirkusattraktion und bringt auf ihrer Reise durch die kleinen Becken der Vergnügungsparks erschreckende und aufschlussreiche Tatsachen ans Tageslicht.

Im Mittelpunkt von Blackfish steht der grösste in Gefangenschaft lebende Schwertwal Tilikum, dessen bedauerliches Schicksal bereits in den frühen Achtzigern seinen Anfang nahm. Nach der Gefangennahme wurde das männliche Säugetier in vielen Jahren des Leidens zum Samenspender und Publikumsliebling von SeaWorld. Doch sein Weg zog eine Blutspur mit sich, die der Konzern bedenklich gut aus der Öffentlichkeit halten konnte. Der sogenannte "Killerwal" wurde zum Menschenkiller. 2010 tötete er sein drittes Opfer, Tiertrainerin Dawn Brancheau.

In Interviews mit ehemaligen Tiertrainern wurden die Ursachen dieses untypischen Verhaltens wirkungsvoll aufgeklärt; damit wird die Haltung der Orcas nicht nur in Frage gestellt, sondern aussagekräftig als gravierendes und falsches Unterfangen verurteilt. Was sich wie eine plakative Hetzjagd auf die Unterhaltungsindustrie anhört, ist in Tat und Wahrheit ein erschreckender Thriller, voller unter Verschluss gehaltener Bilder und Aufnahmen. Cowperthwaites Inszenierung ist verblüffend packend und erzählt die Geschichte der eingesperrten Wale sorgfältig, aber immer mit einer ungewohnten Rasanz. Trotz alltäglicher Dokustilmittel, wie Erzählstimme und Experten-Befragungen, hat das Werk etwas erfrischend Spielfilmartiges. Auch wenn der ausgestreckte Zeigefinger stets sichtbar und die Message des Films von Anfang an klar ist, sollte man sich Blackfish unbedingt ansehen. Ein wichtiger, niederschmetternder und mutiger Film, der deutlich macht, wie verachtenswert und gefährlich solche 'Spielchen' mit der Natur sind.

Fazit: Blackfish ist eine einmalige Dokumentation, die das Schicksal der in Gefangenschaft lebenden Orcas auf intime Weise näherbringt und die Haltung dieser Tiere aufs Gröbste kritisiert. Mit dramatischen Videos, spannenden Interviews und atemberaubenden Bildern gelingt es Cowperthwaite, den Zuschauern die 83-minütige Doku als haftende und ergreifende Tour de Force zu vermitteln und so jeden geplanten Besuch in SeaWorld auf Eis zu legen.

Yannick Suter [yan]

Yannick arbeitet seit 2010 als Freelancer für OutNow. Sci-Fi-, Horror- und Mindfuck-Filme sind seine Favorites. Wenig anfangen kann er mit Kostümfilmen und allzu prätentiösen Arthouse-Produktionen. Wer aber etwas über äusserst verstörende Filme erfahren möchte, ist bei ihm an der richtigen Adresse.

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