Shaleha Sarail (Nora Aunor), eine Frau in mittleren Jahren, lebt zusammen mit ihrem Ehemann Bangaas An (Bembol Roco) in einem Wasserdorf auf der Insel Sitangkai in der philippinischen Provinz Tawi-Tawi. Dieses lebt hauptsächlich vom Fischfang und vom Verkauf von Teppichen, die in aufwändiger Kleinarbeit aus Seegras gewoben werden. Das Paar hilft gerne anderen Dorfbewohnerinnen bei der Entbindung von Neugeborenen - selbst ist es aufgrund Shalehas Unfruchtbarkeit aber kinderlos.
Um den innigsten Wunsch ihres Mannes zu erfüllen und weil ein Kind im Haus den Segen Allahs mit sich bringt, beschliesst Shaleha, für Bangaas An eine zweite Frau zu suchen. Diese soll ihnen endlich ein Kind schenken. Das Vorhaben erweist sich als schwierig, zumal die Eltern der potenziellen Kandidatinnen meist eine ansehnliche finanzielle Entschädigung verlangen. Schliesslich kann das Paar das nötige Geld auftreiben, und mit der jungen Mersila (Lovi Poe) steht eine passende Braut bereit. Doch diese hat eine Bedingung…
Der Plot von Thy Womb erinnert ein wenig an denjenigen in Tuya's Marriage, dem Berlinale-Gewinner 2007. Dort suchte sich eine Frau mit dem Einverständnis ihres behinderten Ehemannes einen neuen Gatten. Nun ist die Situation umgekehrt: Aufgrund ihrer Unfruchtbarkeit sucht die Protagonistin Shaleha hier für ihren Mann eine neue Frau. Dass dies nicht nur schwierig umzusetzen ist, sondern auch Komplikationen auf emotionaler Ebene mit sich bringt, versteht sich sozusagen von selbst.
Doch der Plot ist auch nur ein Aspekt von Brillante Mendozas Film. Denn er schweift immer wieder davon ab und fängt stattdessen Bilder aus dem Alltagsleben ein, die, Mendoza-typisch, einen sehr dokumentarischen Touch haben. Auch wenn Thy Womb sowohl thematisch als auch in der Inszenierung ruhiger ist als frühere Filme des Regisseurs, müssen sich Zartbeseitete doch zumindest beim rituellen Schlachten einer Kuh die Augen zuhalten. Und auch in zwei Geburtsszenen wird dokumentarisch unerbittlich mit der Kamera auf den Muttermund gehalten - nix da mit verschämtem Wegschwenken.
Daneben unterbrechen plötzliche Momente der Waffengewalt den sprichwörtlichen «Fluss» des Filmes. So sind während einer Hochzeitsfeier plötzlich Schüsse im Hintergrund zu hören, worauf beinahe eine Massenpanik ausbricht. Damit ist auch klar, dass wir uns hier in einer Gegend mit kriegerischen Konflikten befinden - ein Kontrast zu den idyllisch scheinenden Wasserlandschaftsbildern. Einen ebensolchen Kontrast stellt auch der riesige Fisch dar, der plötzlich mal unter dem Boot der beiden Protagonisten hindurchschwimmt. Schön gefilmt ist diese Szene auf jeden Fall - daraus eine tiefere Bedeutung herauszulesen, fällt allerdings schwer.
Verglichen mit früheren Filmen von Brillante Mendoza, beispielsweise Kinatay, in dem eine Frau auf brutale Weise ermordet wird, kann man Thy Womb als beinahe schon «schönen Film» bezeichnen - der paar erwähnten, etwas weniger schönen Szenen zum Trotz. Vielleicht liegt das auch daran, dass der Film nicht im lärmigen Manila spielt (wie beispielsweise Serbis oder Lola), sondern in einem einfachen Dorf, das auf hohen Pfählen aus dem Wasser ragt. Nicht zufällig hat die Insel Sitangkai auch den Beinamen «Venedig der Philippinen».
Mendozas ausschweifender Stil geht allerdings auf die Kosten der Geschichte. Diese entwickelt sich im Zeitlupentempo und bietet auch keine grösseren Überraschungen - weder auf der Ebene der Handlung noch auf derjenigen der Charaktere. Der allzu sinnbildliche Schluss will dann plötzlich noch Gefühle suggerieren, die im Vorneherein kaum in den Figuren zu erkennen waren. In dieser Hinsicht ist der Film ein Schuss ins Wasser - im buchstäblichen Sinn.
Simon Eberhard [ebe]
Aufgewachsen mit Indy, Bond und Bud Spencer, hatte Simon seine cineastische Erleuchtung als Teenager mit «Spiel mir das Lied vom Tod». Heute tingelt er durch Festivals und mag Krawallfilme genauso wie Artsy-Farts. Nur wenn jemand einen Film als «radikal» bezeichnet, rollt er genervt mit den Augen.